Année politique Suisse 1984 : Grundlagen der Staatsordnung / Politische Grundfragen und Nationalbewusstsein / Nationalbewusstsein
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Jubiläum CH 91
Bei den Vorbereitungen für das nationale Jubiläum CH 91 wurde eine neue Etappe eingeleitet. Im Frühjahr hiess die Innerschweizer Regierungskonferenz das von einer Studienkommission ausgearbeitete Konzept gut und beantragte den Parlamenten der sechs Kantone den Beitritt zu einer Stiftung, welche die Trägerschaft für das säkulare Werk zu übernehmen hätte. Nachdem die fünf kleineren Stände wie auch der Bundesrat ihre Zustimmung gegeben und die Kredite für ihre Anteile am Gründungskapital gesprochen hatten, wurde die Stiftung im Dezember in Schwyz aus der Taufe gehoben. Dabei fehlte allerdings Luzern, wo die Behörden den Entscheid über den Beitritt einer Volksabstimmung unterbreiten wollten. Der Präsident der Studienkommission, der ehemalige Zuger Nationalrat Alois Hürlimann, wurde zum Interimsdirektor bestimmt [23]. Bereits entstanden an verschiedenen Orten des Landes Ideen und Initiativen, die der Produktion von «thematischen Ereignissen» im Sinne der vom Projektleiter A. Nydegger betreuten Rahmenkonzeption galten [24].
Das allmählich in Fahrt kommende offizielle Projekt begegnete freilich grundsätzlicher Opposition. So warnte eine Schrift des Schweizerischen Werkbundes, der an den Landesausstellungen von 1914, 1939 und 1964 massgebend beteiligt gewesen war, vor der «Rückkehr einer verbrauchten Idee», um die Urschweiz 1991 nicht «endgültig im infrastrukturellen Beton versinken » zu lassen. Statt der vorgesehenen Ereignisse schlug sie auf erhöhte Lebensqualität ausgerichtete Experimente vor [25]. Gegen das Mittel einer Grossausstellung wandte sich auch die Arbeitsgruppe «Offene Schweiz 1991»; sie empfahl in einer Eingabe an den Bundesrat, jeder Kanton solle ein europäisches Land einladen und mit dessen Besuchern dann in der Urschweiz auftreten. Ihre Vorstellungen wurden vom Schweizer Heimatschutz unterstützt und stiessen auch im EDA auf Interesse [26].
 
[23] Regierungskonferenz: Vat., 18.4.84. Stiftungsgründung : NZZ, 13.12.84; Vat., 13.12.84. Vgl. dazu Jahrbuch der Neuen Helvetischen Gesellschaft, 55/1984: Leben 1991 - Hoffnung oder Herausforderung? ferner AT, 2.6.84 sowie SPJ, 1983, S. 13.
[24] BaZ, 20.10.84 (Basel); NZZ, 24.10.84 (Zug). Vgl. auch Vat., 28.-31.12.84 (Vorbereitungen in der Innerschweiz) sowie AT, 2.6.84.
[25] Landesverkleinerung 1991. Warnung vor der Rückkehr einer verbrauchten Idee, Gümligen 1984 (mit Beiträgen von H. Fuchs, L. Burckhardt und L. Fünfschilling). Zitat: S. 57 f.
[26] Die Gruppe nannte sich zuvor «Schweiz—Europa 1991 »(vgl. Arbeitsgruppe Schweiz — Europa 1991, «Europa zu Gast in der Schweiz », in Jahrbuch der Neuen Helvetischen Gesellschaft, 55/1984, S. 25 ff. ; ferner NZZ, 8.3.84; 20.7.84; BaZ, 24.12.84 sowie SPJ, 1983, S. 13, Anm. 22). Es gehören ihr Ausstellungsfachleute wie A. Camenzind, Chefarchitekt der Expo 64, an. — Um das Selbstverständnis und die weitere Entwicklung der Nation ging es auch an einer Tagung über die schweizerische Identität in Lausanne (NZZ, 19.11.84; JdG, 20.11.84) und in einem Sonderheft, das eine welsche Zeitschrift den Problemen und Möglichkeiten der Schweiz in den nächsten 100 Jahren widmete (Le Temps stratégique, 1984, no hors-série: Suisse horizon 2084).