Année politique Suisse 1984 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte
Parlament
Bestrebungen für eine zeitsparendere Arbeitsweise sind auch für das Parlament selbst seit Jahren ein Dauerthema. Bei der
Revision des Geschäftsverkehrsgesetzes konnten die letzten geringfügigen Differenzen zwischen den Räten behoben werden
[23]. Der Nationalrat, der vom Problem der Überbelastung eindeutig stärker betroffen ist als die kleine Kammer; unterzog auch sein Geschäftsreglement einer Teilrevision. Da jedoch die einzige Neuerung (Möglichkeit, die Einzelrednerzeit auf fünf Minuten zu beschränken) bereits bisher ab und zu praktiziert wurde, sind davon keine wesentlichen Zeiteinsparungen zu erwarten. Weitergehende Reformen, wie etwa die Kontingentierung der Vorstösse oder die Abschaffung der 1979 eingeführten Fragestunde lehnten die Volksvertreter hingegen ab
[24]. Die gangbarste, mit dem Festhalten am Milizsystem allerdings nicht problemlos zu vereinbarende Möglichkeit zum Abbau des Pendenzenberges besteht offenbar nach wie vor in der Ausdehnung der Sitzungszeit. So beschloss die Volkskammer eine Erhöhung der Sitzungsstundenzahl pro Session und mit murrendem Einverständnis des Ständerates die Abhaltung einer einwöchigen Sondersession im Februar 1985
[25].
Im Anschluss an ihren Sonderparteitag hatte die SP-Fraktion angekündigt, in Zukunft im Nationalrat vermehrt Abstimmungen unter Namensaufruf zu verlangen. Dies um dem Wähler grössere Klarheit über die politische Haltung aller Abgeordneten zu verschaffen. Insgesamt sechzehn Mal wurde diese recht zeitraubende Prozedur im Verlaufe des Jahres durchgeführt. Eine wesentliche Vereinfachung böte die
Installation eines elektronischen Abstimmungssystems, wie dies die LdU/EVP-Fraktion mit einer Motion forderte. Trotzdem sie weitgehend positive Argumente vorbrachte, erachtete die Kommissionsmehrheit diese Anlage als nicht wünschenswert. In einer Abstimmung unter Namensaufruf schlossen sich die meisten bürgerlichen Ratsmitglieder dieser Meinung an und sorgten dafür, dass der Vorstoss mit 90: 83 Stimmen abgelehnt wurde. Umgekehrt vermochte sich aber auch eine Motion Rüttimann (cvp, AG), welche das erforderliche Quorum für die Anordnung einer namentlichen Abstimmung erhöhen wollte, nicht durchzusetzen
[26].
[23] Amtl. Bull. StR, 1984, S. 47 f. und 153; Amtl. Bull. NR, 1984, S. 154 und 443; AS, 1984, S. 768 ff. Da sich materiell keine erwähnenswerten Neuerungen ergaben, verweisen wir auf unsere Ausführungen in SPJ, 1983, S. 24. In einer Art Vorwegnahme der auf den 1.1.1985 in Kraft gesetzten neuen Bestimmungen, forderte der NR seine Mitglieder anlässlich der Rüstungsdebatte auf, bei Wortmeldungen allfällige Interessenbindungen deutlich zu machen (Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1797 f. sowie unten, Teil I, 3, Rüstungsprogramm). Siehe ferner den Rückblick von Ex-NR E. Akeret, Erlebtes Parlament, Frauenfeld 1984.
[24] BBl, 1984, II, S. 961 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1850 ff. Die fallweise Beschränkung der Redezeit für Einzelredner auf 5 Minuten wurde vom Rat auf Antrag der Fraktionspräsidentenkonferenz bereits zu Beginn der Frühjahrssession stillschweigend genehmigt (Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1). Vgl. auch die von NR Brélaz (éco, VD) eingereichte Motion, die für jeden Parlamentarier (ohne Kommissionssprecher) eine Beschränkung der Gesamtredezeit pro Jahr auf 90 Minuten einführen möchte (Verhandl. B.vers., 1984, V, S. 41).
[25] Amtl. Bull. NR, 1984, S. 264 ff. und 1258 ff.; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 55.
[26] SP-Fraktion: Bund, 8.3.84. Die Anzahl der namentlichen Abstimmungen wurde Ende 1984 erstmals im Jahresinhaltsverzeichnis des Parlamentsprotokolls erwähnt (Amtl. Bull. NR, 1984, S. 111). Elektronisches Abstimmungssystem : Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1910 ff. 1980 hatte der Rat diese Neuerung wesentlich klarer abgelehnt (vgl. SPJ, 1980, S. 24). Motion Rüttimann: Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1914 f.
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