Année politique Suisse 1984 : Allgemeine Chronik / Landesverteidigung
 
Waffenplätze
Für Infrastrukturanlagen bewilligten beide Kammern Kredite in der Höhe von 279 Mio Fr. (1983: 456 Mio Fr.). Sie lassen sich in Ausgaben für Landerwerb, Bauten der Rüstungsindustrie und militärische Anlagen gliedern. Bei letzteren handelte es sich schwerpunktmässig um Ausbildungsbauten für Panzertruppen sowie um diverse Geländeverstärkungen [30].
Nebst diesen weitgehend unbestrittenen Geschäften war die Öffentlichkeit mit den Folgen der Beschlüsse des Vorjahres in Sachen Waffenplatz Rothenthurm beschäftigt. Angesichts der erstarrten Fronten verlagerte sich die Kontroverse zusehends auf die juristische Ebene. Durch eine Retouche am Projekt hatten die eidgenössischen Behörden vorerst erreicht, dass der Kasernenbau nicht mehr von der «Rothenturm-Initiative» zum Schutz der Hochmoore tangiert wird. Als Entgegenkommen gegenüber Naturschutzkreisen bereitete der Schwyzer Regierungsrat eine provisorische Planungszone vor, mit der bis zum Erlass eines definitiven Schutzplanes irreversible Veränderungen untersagt werden sollten [31]. Parallel zu diesen beiden Konzessionen wurden jedoch konkrete Schritte zur Durchsetzung des Vorhabens unternommen. So setzten mit Jahresbeginn auch die Bauarbeiten an einer Zufahrtsstrasse zum Kasernenareal ein. Weiter wurde ein Enteignungsverfahren eingeleitet. Dabei beanspruchte das EMD eine «vorläufige Besitzeinweisung» der Parzellen, die für den Kasernenbau benötigt werden. Damit will es verhindern, dass es die möglicherweise langwierigen rechtlichen Auseinandersetzungen über die Entschädigungshöhe abwarten muss [32]. Die Betroffenen wehrten sich gegen beides mit rechtlichen Schritten. Im Falle der Zufahrtsstrasse bestätigte das zuständige Bezirksgericht den superprovisorisch verfügten Baustopp. Nach der Anfechtung des Urteils, gelang es der Schwyzer Regierung und dem EMD, einen Vergleich abzuschliessen, der eine Weiterarbeit ermöglichte [33]. Von seiten des Rothenthurmer Gemeinderates und des World Wildlife Found (WWF) wurde danach versucht, sämtliche Bauarbeiten zu stoppen. Das Bundesgericht lehnte jedoch die Beschwerde ab. Es bekräftigte, dass das EMD keine ordentliche Baubewilligung benötige, wenn die Bauarbeiten der Landesverteidigung diene [34].
In der Folge verlangte die Bauherrschaft, nicht nur auf dem Kasernenareal bauen, sondern durch das ganze Moorgebiet eine Versuchswegstrecke einrichten zu können [35]. Damit wollte sie Auskünfte über technische Schwierigkeiten beim Bau im Moor erhalten. Innerhalb der federführenden «Arbeitsgemeinschaft gegen den Waffenplatz Rothenthurm» (AWAR) führte dieses Vorgehen zu Spaltungserscheinungen. Die AWAR bekräftigte, weiterhin nur mit legalen Mitteln arbeiten zu wollen, um wenigstens das geplante Aufklärungsgelände zu verhindern [36]. Dies führte dazu, dass sich ein radikaler Teil unter dem Namen «Bürgeraktion Rothenthurm» abspaltete und direkte Aktionen auf gewaltfreier Ebene ankündigte. Nebst einer Protestkundgebung gegen die eingeleitete Waldrodung wurde bis Jahresende jedoch nur die Lancierung einer Initiative zum Schutz vor Enteignungen in Aussicht gestellt [37].
 
[30] Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1124 ff.; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 518 ff. Presse vom 1.3.84; 22.8.84; 3.10.84.
[31] Vgl. SPJ, 1983, S. 60 ff.; Presse vom 15.2.84; 17.5.84; ferner Vat., 10.1.84; 26.3.84; 11.10.84.
[32] Zufahrtsweg: LNN, 4.1.84. Enteignung: Presse vom 29.2.84.
[33] Vat., 17.2.84; 15.3.84; 27.3.84; 7.4.84.
[34] Presse vom 20.6.84; 8.8.84; 27.9.84; ferner NZZ, 3.4.84; 19.5.84; LNN, 21.4.84; 22.5.84; Vr, 5.6.84; Vat., 22.6.84.
[35] Vat., 29.8.84; BaZ, 28.9.84.
[36] Vat., 6.11.84.
[37] Vat., 6.10.84; 3.12.84; LNN, 17.10.84.