Année politique Suisse 1984 : Wirtschaft / Landwirtschaft
 
Pflanzliche Produktion
Die Eidgenössische Forschungsanstalt für Betriebswirtschaft und Landtechnik veröffentlichte eine Studie mit den Ergebnissen eines dreijährigen betriebswirtschaftlichen Vergleichs zwischen biologisch und konventionell bewirtschafteten Bauernhöfen. Darin konnte die Annahme erhärtet werden, dass in der pflanzlichen Produktion die biologisch ausgerichteten Betriebe bei einem etwas grösserem Arbeitsaufwand ein gleich hohes Einkommen erzielen wie vergleichbare konventionelle Einheiten und dabei die Umwelt erheblich geringer belasten [15].
Auf einer eher quantitativen Ebene bewegten sich die Diskussionen über die Revision des Zuckerbeschlusses und die verschiedenen Stützungsmassnahmen zugunsten der Weinproduktion. Nachdem sich eine Mehrheit der interessierten Kreise für die vorgeschlagene Änderung des Bundesbeschlusses über die inländische Zuckerwirtschaft von 1979 ausgesprochen hatte, verabschiedete der Bundesrat eine Botschaft: die Menge der zum vollen Preis zu übernehmenden Zuckerrüben soll von 850 000 auf 1 Mio t erhöht werden; dies entspricht einer Erweiterung der Anbaufläche von 17 000 auf 20 000 ha. Weiter soll der. Bund in der Zuckerrechnung um 20 Mio Fr. entlastet werden, wobei dieser Betrag durch Erhöhung der Grenzabgaben auf importiertem Zucker kompensiert und damit auf die Konsumenten abgewälzt würde [16].
Die Weinpolitik des Bundes war geprägt von den beiden Rekordernten der vergangenen Jahre und erregte 1984 erneut die Gemüter. Umstritten war wie schon im Vorjahr, dass der Bundesrat 35 Mio Fr. aùs dem Rebbaufonds freigab, um einen Drittel der Rekordweinernte von 1983 — 100 Mio 1 Wein — aus dem Markt zu ziehen und einzulagern. Namentlich Vertreter des Landesrings opponierten gegen diese Massnahme zur Verhinderung eines Preiszusammenbruchs, welche jeglicher marktwirtschaftlichen Logik entbehre und nur die «Weinbarone» bevorteile [17]. Unpopulär war auch eine Massnahme zum Schutz des einheimischen Weines: Um offensichtlichen Missbräuchen bei der privaten Einfuhr ausländischer Weine durch gewisse Händler Einhalt zu gebieten, drosselte der Bundesrat die erlaubte Menge des privaten Weinimportes von 200 kg auf 10 kg Wein pro Tag. Die Firma Denner AG verlor erneut eine Runde im «Weinkrieg» gegen die offizielle protektionistische Landwirtschaftspolitik des Bundes : Das Bundesgericht lehnte zwei Verwaltungsgerichtsbeschwerden des Grossverteilers ab und stützte die praktizierten Schutzmassnahmen wie Einfuhrkontingentierung und Zollzuschläge. Auf grosses Unverständnis in weiten Kreisen der Bevölkerung stiess der bundesrätliche Entscheid, 1 Mio Fr. für eine Informationskampagne zugunsten des inländischen Weines zur Verfügung zu stellen; eine solche Werbung für alkoholische Getränke stand für viele den Bestrebungen des Bundes zur Alkoholismusbekämpfung, wofür jährlich rund 15 Mio Fr. aufgewendet werden, diametral entgegen [18].
 
[15] NZZ, 6.1.84; TA, 2.3.84. Allgemein zu biologischem Landbau und konventioneller Landwirtschaft: Bund, 9.2.84; 16.6.84; NZZ, 26.3.84; 12.10.84; BaZ, 21.4.84. Siehe auch A. Müller, «Mit Wanderbrachen gegen die Unvernunft» in TAM, 44, 3.11.84; BZ-Sonderdruck «Chemie auf der Scholle», Nov./Dez. 1984; E.R. Müller, Unser Boden — der letzte Dreck. über die Zerstörung von Landschaft und Umwelt durch die moderne Landwirtschaft, Gümligen 1985.
[16] BBl, 1984, II, S. 1398 ff. ; NZZ, 23.2.84; 30.8.84; IBZ, 9, 2.3.84; SHZ, 30, 26.7.84; 38, 20.9.84; TA, 30.8.84. Vgl. auch SPJ, 1983, S. 99. Der gestrichene Betrag von 20 Mio Fr. ist Bestandteil des Anschlusssparprogramms («Sparmassnahmen 1984»): BBl, 1984, I, S. 1253 ff.; siehe auch oben, Agrarpolitik und unten, Teil I, 5 (Sparmassnahmen).
[17] Einlagerung: Amtl. Bull. NR, 1984, S. 710 ff., 1463; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 221 ff., 648 ff.; NZZ, 7.1.84; 16.6.84; SHZ, 2,12.1.84; Vat., 18.4.84 ; TA, 19.5.84;13.6.84; 8.9.84; LNN, 28.6.84; Ww, 43, 25.10.84. Allgemeine Probleme der Weinpolitik: NZZ, 8.2.84; wf, Kurzinformationen, 28, 9.7.84; SZ, 6.8.84; 1.10.84; SHZ, 35, 30.8.84; 24 Heures, 3.9.84; TA, 15.11.84; Sonntags-Blick, 18.11.84; SGT, 24.12.84. Siehe auch SPJ, 1983, S. 99 f.
[18] Einfuhrdrosselung: Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1568 ff. ; NZZ, 31.10.84; 1.11.84; Ww, 45, 8.11.84; Presse vom 10.11.84 (Stellungnahme des Bundesrates); BaZ, 14.11.84; Presse vom 30.11.84. Informationskampagne: TA, 16.8.84. Bundesgerichtsentscheid: NZZ, 22.12.84. Der Bundesrat erneuerte im weiteren die Verordnung über die Zollzuschläge auf importierten Flaschenweinen (NZZ, 18.10.84) und die Einfuhrbeschränkung für Weisswein in Flaschen (BaZ, 18.12.84). Um eine weitere Weinschwemme zu verhindern, gab der Bundesrat ferner 35 Mio Fr. aus dem Rebbaufonds frei zur Verbilligung des Konsums von Trauben in nichtalkoholischer Form (Bund, 3.9.84; TA, 3.10.84).