Année politique Suisse 1984 : Infrastruktur und Lebensraum / Verkehr und Kommunikation
Strassenbau
Der Strassenverkehr hat in den letzten Jahrzehnten einen steten Aufschwung genommen und die Konkurrenzsituation zur Schiene zu seinen Gunsten entschieden. Gegenwärtig werden nur 9,5% der Reisenden mit den Bahnen, 90,2% hingegen mit vorwiegend privaten Motorfahrzeugen transportiert. In Personenkilometern ausgedrückt belaufen sich die Anteile auf 12,2% resp. 86,1%. Bei den Gütern beträgt der gegenwärtige Volumenanteil des Strassenverkehrs 80,1% (in Tonnenkilometern jedoch nur 41,5%). Der Motorfahrzeugpark kannte mit einem Zuwachs von 1,5% allerdings die seit 20 Jahren tiefste Zuwachsrate, woraus eine gewisse Marktsättigung abgeleitet wurde
[14].
Eine Voraussetzung für die Zunahme des Strassenverkehrs liegt bei der Infrastrukturpolitik. Beim
Nationalstrassenbau ist für das Berichtsjahr die Eröffnung von 29 km zu vermerken; damit waren Ende 1984 72% des geplanten Netzes in Betrieb. Im Bau befinden sich gegenwärtig 169 Autobahnkilometer. Das Parlament stimmte der
Aufnahme einer Autobahnverbindung zwischen Biel und Pruntrut als Erweiterung des Nationalstrassennetzes zu. Mit der 84 km langen «Transjurane» wird die Integration des nordwestschweizerischen Landesteils ins Verkehrsgefüge angestrebt. Die Kosten werden auf 1,5 Mia Fr. geschätzt, wovon der Bund 90% übernehmen wird
[15].
Wie kontrovers der Nationalstrassenbau in bestimmten Regionen 25 Jahre nach seinem Beginn beurteilt wird, zeigte sich an verschiedenen Beispielen. Der Bundesrat veröffentlichte seine
Botschaft über die sechs von ihm im Anschluss an die Empfehlungen einer Expertenkommission neugeprüften Nationalstrassenteilstücke. Aus technischen Gründen schlägt er vor,
auf die Rawil-Verbindung (N6) zu verzichten. Damit will er materiell auf die 1982 vom Naturschützer F. Weber lancierte Volksinitiative gegen die Rawilstrasse reagieren; das Begehren selbst empfiehlt er zur Ablehnung. Ebenso soll nach Ansicht der Exekutive ein mittels einer Standesinitiative bekämpfter Anschluss bei Lausanne nicht gebaut werden. Im übrigen stellte sie sich hinter den Bau der N4 im Knonaueramt, der N7 bei Kreuzlingen und des stadtzürcherischen «Y ». Für die N1 im Gebiet des Neuenburgersees wählte sie aus Gründen des Landschaftsschutzes eine neue Linie. Neue Kritik am Nationalstrassennetz meldete sich im Kanton Basel-Stadt, wo ein Volksbegehren eingereicht wurde, das eine Standesinitiative gegen den Südzubringer der Hauptstadt verlangt
[16].
Innerhalb der kritischen Diskussion über den Strassenbau kündigte sich mit einem von den POCH initiierten, von der GPS und der SAP mitgetragenen Volksbegehren eine verschärfte Ablehnung an. Dieses verlangt, dass das gesamte Strassennetz nicht über den am 30. April 1986 festgestellten Umfang hinaus erweitert wird. Würde die «
Stopp dem Strassenbau»-Initiative angenommen, dürften neue Strassenstücke nur gebaut werden, wenn gleich grosse Flächen wieder anderen Zwecken zugeführt würden
[17]. Ideell unterstützt wird das Begehren von der SPS und dem VCS.
[14] Bundesamt für Statistik, Schweizerische Verkehrsstatistik 1983, Bern 1984; LITRA, Der öffentliche Verkehr 1984, Bem 1984; NZZ, 5.12.84; 1.3.85. Grundsätzliches: BaZ, 11.4.84; SGT, 14.4.84; LM, 23.6.84; Vr, 7.12.84.
[15] Nationalstrassenbau : Bauprogramm 1984 für die Nationalstrassen, hrsg. vom EVED, Bern 1984 ; vgl. auch NZZ, 29.3.84. Transjurane: BBl, 1984, I, S. 65 ff. ; vgl. auch NZZ, 12.1.84; Amtl. Bull. StR, 1984, S. 346, 593 ; Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1162, 1291, 1461; vgl. auch Presse vom 20.6.84 und 2.10.84 sowie SPJ, 1982, S. 103, ferner M. Faivre, La Transjurane, Porrentruy 1984.
[16] BBl, 1985, I, S. 534 ff. sowie Presse vom 18.12.84; siehe auch SPJ, 1982, S. 102. N6: BBl, 1985,1, S. 251 ff. Baselstadt: BaZ, 7.6.84; 11.12.84. Für weitere Volksbegehren und Abstimmungen in den Kantonen vgl. unten, Teil II, 4b und c.
[17] BBl, 1984, II, S. 1296 ff.; Presse vom 20.9.84; TA, 10.2.84; 19.11.84; BZ, 27.2.84; 26.7.84.
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