Année politique Suisse 1985 : Grundlagen der Staatsordnung / Politische Grundfragen und Nationalbewusstsein
Nationalbewusstsein
Das Konzept für das nationale
Jubiläum CH 91 erlitt irn Frühjahr eine Panne, als die Luzerner Stimmbürger den von Regierung und Parlament gewünschten Beitritt zur Trägerorganisation des Werks verweigerten. Während die beiden grossen Parteien, CVP und FDP, eine Beteiligung empfahlen, wurde diese von den Linksparteien; und den Gewerkschaften sowie von Umweltschützern und alternativen Gruppen bekämpft. Befürchtungen über eine enorme Verkehrszunahme, entsprechende Bauten und dadurch erzeugte Umweltbelastungen standen dabei im Vordergrund. Anderseits wandten sich konservative Kreise gegen die Idee einer dezentralisierten Veranstaltung, die oder Tradition der Landesausstellungen nicht entsprach
[13]. Der Aufsichtsrat der Stiftung CH 91 liess sich aber durch das Fernbleiben Luzerns nicht von der Fortsetzung des Unternehmens abhalten. Er erweiterte die Organisation durch Beizug von Vertretern aus allen Landesteilen und setzte zur Beratung der sich mehrenden Projektgruppen eine Themenkommission unter dem Präsidium des Basler Publizisten Rudolf Schilling ein. Im Sommer wurde zur Ablösung von alt Nationalrat A. Hürlimann der in Public Relations erfahrene Zürcher W. Anderau als Direktor engagiert
[14].
Um den engeren Kreis der innerschweizerischen Gründerkantone scharten sich in der Folge weitere eidgenössische Stände als einfache Stiftungsmitglieder mit reduzierten finanziellen Verpflichtungen; sogar die Luzerner Regierung äusserte die Absicht, sich in dieser bescheideneren Form noch anzuschliessen
[15]. In verschiedenen Kantonen und Organisationen schritten Planung und Konkretisierung der thematischen Beiträge voran. Bekannt wurde vor allem das Projekt eines 35 km langen Wanderweges vom Rütli um den Urnersee bis nach Brunnen, dessen Ausbau und Gestaltung auf alle 26 Bundesglieder verteilt werden soll. Trotz nachdrücklichen Bemühungen um einen kritischen Gehalt und eine umweltverträgliche Ausführung der säkularen Veranstaltung verharrten linke und alternative Gruppen der Innerschweiz in Ablehnung
[16].
[13] Parlament: Vat., 30.1.85. Abstimmungsparolen: Vat., 4.5.85; vgl. ferner BZ, 6.3.85 (kleine Gruppen); LNN, 1.4.85 (SP); Vat., 13.4.85 (Gewerkschaftsbund). Konservative Kritik: BZ, 27.4.85; Vat., 3.5.85. Abstimmungsergebnis: LNN, 6.5.85; 7.5.85; Vat., 6.5.85 (27 300 Ja: 33 562 Nein). Vgl. SPJ, 1984, S. 14. Die eidgenössischen Räte bewilligten 5 Mio Fr. für die Grobplanung (BBl, 1984, II, S. 1431 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1984, S. 1891 f. ; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 223 f.).
[14] Aufsichtsrat: LNN, 18.5.85; Vat., 18.5.85. Direktor: NZZ, 6.7.85; Ww, 28, 11.7.85; L'Hebdo, 29, 18.7.85.
[15] AT, 23.12.85. Am Jahresende waren der Stiftung 9 Kantone und Halbkantone als einfache Mitglieder beigetreten (AG, AI, AR, BE, BL, BS, GL, TG und TI). Für LU vgl. LNN, 27.9.85; 14.11.85.
[16] Kantone: Vat., 4.10.85 (SZ); 20.12.85 (NW); 23.12.85 (ZG). Organisationen: NZZ, 7.2.85 (Kirchen); 27.9.85 (Pro Senectute); Bund, 4.3.85 (Bund Schweizer Architekten); Vat., 18.10.85 (Schweiz. Rotes Kreuz). Vgl. auch Vat., 30.9.85 (Innerschweizer Heimatschutz); LNN, 2.11.85 (Verein CH 91 Frauen). Wanderweg: NZZ, 23.10.85; Basler Magazin, 49, 7.12.85. Ablehnung: Vat., 9.12.85.
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