Année politique Suisse 1985 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen / Kantonalen Wahlen
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Neuenburg
Ein vom schweizerischen Trend abweichendes Ergebnis zeigten die Parlamentswahlen im Kanton Neuenburg, wo die bürgerliche Rechte stark vormarschierte. Die Liberalen/Nationalprogressisten vermochten ihre bisher 33 Sitze um 5 zu vermehren, und die Radikalen (FDP) eroberten 2 zusätzliche Mandate, so dass sich die bürgerliche Mehrheit im Grossen Rat markant verstärkte. Damit bestätigte sich der Rechtsrutsch, der in Neuenburg schon bei den Nationalratswahlen 1983 und bei den kommunalen Wahlen 1984 zu verzeichnen war, auch auf kantonaler Ebene. Erneut gingen die Verschiebungen zu Lasten der SP: Hatten die Sozialisten vier Jahre zuvor noch 5 Mandate gewinnen können, so büssten sie nun deren 4 ein. Die PdA (Parti ouvrier et poo pulaire) ihrerseits konnte ihre 4 Mandate nur dank einem Bündnis mit der SAP halten, Verlor jedoch über einen Viertel ihrer Wählerschaft. Ungünstig für die Linke wirkte sich zudem die schwache Stimmbeteiligung aus (-10%). Erstmals beteiligten sich auch in Neuenburg Grüne der gemässigten Richtung (Ecologie et liberté) an den Parlamentswahlen, doch konnten sie die gesetzlich vorgeschriebene Hürde von 10% der Stimmen nicht nehmen. Ebenfalls am hohen Quorum scheiterte der Landesring, der bisher 3 Mandate innehatte. Der Anteil der weiblichen Abgeordneten beträgt weiterhin gut 10% [20]. Am gleichen Wochenende war auch die Regierung neu zu bestellen, doch erreichte keiner der Kandidaten das absolute Mehr. Umkämpft war das Mandat des demissionierenden Landwirtschaftsdirektors Jacques Béguin (lp), um das es zum Seilziehen zwischen dem Liberalen Jean-Claude Jaggi und dem Radikalen Walter Willener kam [21]. Der FDP-Kampfkandidat erzielte mit dem sechsten Platz immerhin einen Achtungserfolg, verzichtete aber wie die weit abgeschlagenen weiteren fünf Kandidierenden auf einen zweiten Wahlgang. Darauf kam es zur stillen Wahl der fünf am besten placierten Bewerber. Aus den Staatsratswahlen gingen die Sozialisten insofern als Sieger hervor, als ihre beiden Regierungsräte — im Gegensatz zu früheren Wahlen der Exekutive — mit Abstand die besten Resultate erzielten [22].
 
[20] Wahlen vom 31.3.1985. Wahlkampf: FAN, 26.2.85; 2.3.85; 18.-22.3.85; TA, 27.3.85. Resultate: FAN, 1.4.85; 2.4.85; NZZ, 2.4.85. Vgl. auch SPJ, S. 32 (NR-Wahlen) und TA, 22.5.84 (Kommunale Wahlen vom 20.5.1984).
[21] Der ehemalige Nationalprogressist Béguin hatte 1969 dank Unterstützung der Liberalen den zweiten Regierungssitz der Radikalen übernommen, den diese nun mit Willener zurückzuerobern versuchten (vgl. SPJ, 1969, S. 36).
[22] Wahlen vom 31.3.1985. Wahlkampf: FAN, 18.12.84; 23.3.85; Suisse, 5.2.85; 29.3.85; NZZ, 22.3.85. Resultate: FAN, 1.4.85. Stille Wahl am 2.4.1985: FAN, 2.4.85; 3.4.85.