Année politique Suisse 1985 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit
Banken
Für die Banken war 1985 wiederum ein sehr erfolgreiches Geschäftsjahr. Die fünf Grossbanken konnten ihre ausgewiesenen Reingewinne um 17% bis 34,8% erhöhen. Infolge des gesunkenen Dollarkurses fiel das Wachstum der Bilanzsummen der 71 von der Nationalbank monatlich erfassten Banken mit 7,2% relativ gering aus. Die gute Konjunkturlage führte zu einer starken Belebung im Kreditgeschäft, wobei die Impulse vor allem von der Nachfrage inländischer Privater ausgingen. Auf der Passivseite blieben die Spargeld- im Vergleich zu den Festgeldeinlagen weiterhin wenig attraktiv. Da sich die Ausgabesätze der Kassenobligationen nur verzögert an den Zinsrückgâng auf dem Kapitalmarkt anpassten, erhöhte sich ihr Bestand in der 2. Jahreshälfte kräftig, nachdem er während zwei Jahren nahezu stagniert hatte. Als Konsequenz der sinkenden Geldmarktsätze und des fallenden Dollarkurses verzeichnete das Treuhandgeschäft lediglich ein geringes Wachstum
[9].
Auf politischer Ebene bemühten sich die Banken weiterhin um dié Verbesserung der ihnen in der Schweiz gesetzten
politischen Rahmenbedingungen. Diese sind zwar, auch nach Meinung der Banken, nicht an sich schlecht, der traditionelle Wettbewerbsvorsprung des Finanzplatzes Schweiz scheint sich jedoch infolge von Liberalisierungen und fiskalischen Erleichterungen im Ausland verringert zu haben. Da in der Schweiz geld- und währungspolitische Schranken seit einiger Zeit nicht mehr in Kraft sind, richtet sich das Hauptaugenmerk auf den finanzpolitischen Aspekt. Nach Ansicht der Banken verschlechtern gewisse Fiskalbelastungen die internationale Konkurrenzfähigkeit des Finanzplatzes Schweiz und verhindern zum Teil sogar, dass bestimmte Geschäfte im Inland abgewickelt werden. Sie verlangten deshalb namentlich, dass die Umsâtzabgabe auf dem Handel mit Geldmarktpapieren mit einer Laufzeit von höchstens drei Monaten gestrichen und bei einer längeren Dauer nur im Verhältnis zur Laufzeit erhoben wird. Als vordringlich stuften sie ferner die Stempelsteuerbefreiung der sogenannten Ausland-Auslandgeschäfte ein. Dabei handelt es sich um im Ausland durch die Vermittlung einer Schweizerbank zwischen Ausländern abgeschlossene Geschäfte über ausländische Wertpapiere. Weitere Forderungen betreffen die Aufhebung der Umsatzsteuer auf den Beständen der Effektenhändler und auf dem physischen Handel mit Gold
[10]. Einige dieser Aspekte machte Nationalrat Feigenwinter (cvp, BL) zum Inhalt einer vom Nationalrat gegen den Antrag des Bundesrats überwiesenen Motion. Die FDP-Fraktion im Nationalrat und der Freisinnige Bürgi (SG) im Ständerat doppelten mit der Einreichung von weiteren Motionen nach, in welchen praktisch alle von der Bankiervereinigung aufgestellten Postulate enthalten sind. Der Bundesrat äusserte sich zu diesen diversen Begehren bisher sehr zurückhaltend. Seiner Meinung nach lassen sich angesichts der angespannten Bundesfinanzen Steuerreduktionen nur in dem Masse vornehmen, als es gelingt, gleichzeitig neue Einnahmequellen zu erschliessen. Um abzuklären, wie gross die angestrebten Steuerausfälle wären und in welchem Umfang sie durch höhere Ablieferungen infolge der damit induzierten Geschäftsbelebung indirekt kompensiert werden könnten, setzte das EFD eine Arbeitsgruppe ein
[11].
Die Ausarbeitung einer
Strafnorm für sogenannte Insiderdelikte kommt weiterhin zügig voran. Derartige Handlungen waren bisher in der Schweiz zwar verpönt, jedoch erlaubt, solange es sich nicht um den Verrat von Geschäftsgeheimnissen an Aussenstehende handelte. Bereits 1976 war der Regierungsrat des Kantons Zürich beim EFD und beim EJPD in dieser Sache vorstellig geworden. Dringlich wurde die Angelegenheit allerdings erst 1981, als die Behörden der Vereinigten Staaten begannen, auf ihrem Territorium tätige Schweizer Banken und deren Kunden massiv unter Druck zu setzen. Mit einem neuen Artikel im Strafgesetzbuch sollen nun unter anderem die Voraussetzungen zur Gewährung von internationaler Rechtshilfe bei Insiderdelikten geschaffen werden. Darüber hinaus erwartet man von der neuen Rechtsnorm auch einen Beitrag zur Sauberkeit am schweizerischen Börsenmarkt und zur Chancengleichheit der daran Beteiligten. Im Mai legte der Bundesrat die entsprechende Botschaft vor. Danach soll bestraft werden, wer die Kenntnis vertraulicher Tatsachen zur Erzielung eines Börsengewinns ausnützt oder damit einem Dritten zu Vermögensvorteilen verhilft. Um Umgehungsmöglichkeiten zu erschweren, wurde der Täterkreis auch auf Personen ausgedehnt, die vom Verrat von Insiderwissen profitieren (sog. Tippees). Der in der Vernehmlassung kritisierte zivilrechtliche Teil wurde vollständig fallengelassen. Auf die von verschiedener Seite ins Spiel gebrachte Forderung nach der Schaffung einer staatlichen Börsenaufsichtskommission, wie sie beispielsweise die USA kennen, antwortete der Bundesrat ablehnend. Der Regierungsentwurf wurde in der Öffentlichkeit und insbesondere von der Bankiervereinigung ohne Vorbehalte begrüsst
[12].
Das EFD setzte im Berichtsjahr seine
Vorarbeiten zur Teilrevision des Bankengesetzes fort. Auf Anregung der Nationalbank wurde unter anderem die Frage überprüft, ob auch gewisse Finanzgesellschaften dem Gesetz unterstellt werden könnten. Es handelt sich dabei einerseits um Firmen, die bankähnliche Geschäfte tätigen, ihre Mittel jedoch nicht direkt beim Publikum aufnehmen und andererseits um Emissionshäuser, welche die Plazierung von Anleihen und Notes besorgen. Nach Ansicht der Nationalbank rechtfertigt die wachsende Bedeutung dieser Institute den Erlass von aufsichtsrechtlichen Auflagen. Die Bankiervereinigung hätte gegen eine verbesserte Kontrolle der Finanzgesellschaften nichts einzuwenden, sie sprach sich jedoch gegen einen Einbau diesbezüglicher Normen ins Bankengesetz aus
[13].
Einige Aufregung bei Banken und Politikern verursachte ein anfangs 1985 veröffentlichter
Bericht der Fiskalkommission der OECD zum Problembereich Bankgeheimnis und Steuerfragen. Darin wurde dem OECD-Rat beantragt, den Mitgliedsstaaten zu empfehlen, das Bankgeheimnis gegenüber in- und in einer späteren Phase auch gegenüber ausländischen Steuerbehörden generell aufzuheben. Mit Unterstützung von seiten Österreichs und Luxemburgs konnten die Vertreter der Schweiz bei der OECD erreichen, dass der Rat auf die Empfehlungen nicht eintrat
[14]. Die Aktivität der Schweizer Banken in dem wegen seiner Rassenpolitik weltweit kritisierten Südafrika soll nach der Meinung des Parlaments und der Regierung nicht untersagt werden. Eine Motion Leuenberger (sp, SO), die zumindest ein Verbot für Bankkredite an staatliche südafrikanische Stellen gefordert hatte, wurde lediglich in Postulatsform überwiesen. Der Bundesrat will immerhin darüber wachen, dass die Banken nicht von Boykottbeschlüssen anderer Staaten profitieren und ihre Geschäfte über das Volumen der vergangenen Jahre (courant normal) ausdehnen
[15].
[9] SNB, Geschäftsbericht, 78/1985, S. 33 ff. ; SHZ, 10, 6.3.86; NZZ, 7.3.86.
[10] Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 73/1984-85, S. 27 ff. Vgl. auch J. P. Chapuis, «Die Schweizer Banken im internationalen Vergleich», in H. J. Halbheer / E. Kilgus (11g.), a.a.O. Bern 1985, S. 77 ff. sowie SPJ, 1984, S. 75 ; H. R. Feigenwinter, «Stempelsteuer als Hemmschuh für den Finanzplatz Schweiz», in SKA, Bulletin, 1985, Nr. 3, S. 2 f. ; Ph. de Weck, «Die Zukunft des Finanzplatzes Schweiz», in NZZ, 25.6.85 ; Bilanz, 1985, Nr. 2, S. 20.
[11] Motion Feigenwinter: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1351 ff.; vgl. auch die Diskussion zur Interpellation Villiger (fdp, LU) in Amtl. Bull. NR, 1985, 1348 ff. Motionen FDP und Bürgi: Verh. B.vers., 1985, V, S. 32 und 87 f. Die SP-Fraktion und StR Belser (sp, BL) regten in überwiesenen Postulaten die Ausarbeitung eines Berichts über die finanzpolitischen Konsequenzen der diversen Bankkundensteuern an (Amtl. Bull. NR, 1985, S. 2246; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 709 f.). Für die Position des BR siehe auch Amtl. Bull. NR, 1985, 5.1290; SMUV-Zeitung, 11,13.3.85 ; TA, 11.12.85.
[12] BBl, 1985, II, S. 69 ff. Vgl. auch G. Friedli, «Die internationale Rechtshilfe bei Insidergeschäften», in NZZ, 4.6.85; Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 73/1984-85, S. 126 ff.; SPJ, 1984, S. 75. Zur Rechtshilfe zugunsten der USA siehe auch unten, Teil I, 2 und Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 73/1984-85, S. 79 f.
[13] SPJ, 1984, S. 74 f. ; SNB, Geschäftsbericht, 78/1985, S. 37 ; NZZ, 10.8.85 ; 19.9.85. Vgl. dazu auch K. Hauri, «Ausblick auf das neue Bankengesetz », in Eidg. Bankenkommission (Hg.), Jubiläumsschrift. 50 Jahre eidgenössische Bankenaufsicht, Zürich 1985, S. 177 ff.; P. Klauser, «Ausgewählte Aspekte der Teilrevision des schweizerischen Bankengesetzes », in Wirtschaft und Recht, 37/1985, S. 369 ff. ; Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 73/1984-85, S. 49 ff. Zum Jubiläum der Bankenkommission siehe auch Presse vom 2.3.85.
[14] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 928; NZZ, 1.6.85; 4.7.85; Schweiz. Bankiervereinigung, Jahresbericht, 73/1984-85, S. 37 ff.
[15] Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1043, 1612 und 1819 f. Die Beschränkung der bewilligungspflichtigen Kapitalexporte nach Südafrika auf den courant normal wurde vom BR bereits 1974 erlassen. Vgl. auch NZZ, 24.10.85 sowie oben, Teil I, 2 (Droits de l'homme).
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