Année politique Suisse 1985 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen
Voranschlag und Staatsrechnung des Bundes
Als besonderes Ereignis würdigte der Bundesrat in seiner Botschaft zum
Voranschlag der Eidgenossenschaft für 1986 die Tatsache, dass erstmals seit 1971 ein Einnahmenüberschuss budgetiert werden konnte. Dass die strukturellen Probleme der Bundeskasse aber noch nicht gelöst sind, zeigen die dem Voranschlag beigelegten Haushaltsperspektiven und der Finanzplan, welche für die Jahre 1987-1989 erneut namhafte Defizite vorsahen. In der parlamentarischen Behandlung erfuhr der bundesrätliche Voranschlag verschiedene kleinere Änderungen, wobei aber einzig eine Schätzungskorrektur bei den Einnahmen aus Preiszuschlägen auf Futtermitteln negativ ins Gewicht fiel. Gemäss Bundesbeschluss sah das Budget somit bei Einnahmen von 23,7 Mia Fr. und Ausgaben von 23,6 Mia Fr. einen Einnahmenüberschuss von 102 Mio Fr. vor. Dieses positive Ergebnis war auf ein starkes Wachstum der Einkünfte um 6,7% oder 1,5 Mia Fr. gegenüber dem Budget von 1985 zurückzuführen. Die Ausgaben stiegen insgesamt um 3% oder 695 Mio Fr.; die grösste Zunahme erfuhren die Bereiche Finanzausgaben (+257 Mio Fr.), Verkehr und Energie (+ 188 Mio Fr.) und Soziale Wohlfahrt (+ 178 Mio Fr.). Die Aufwendungen für die Soziale Wohlfahrt waren mit 5 Mia Fr. (das sind 21,2% der Gesamtausgaben) der grösste Ausgabenposten, gefolgt von 4,8 Mia Fr. für die Landesverteidigung. Der Rückgang der Militärausgaben gründete im wesentlichen auf der Kompensation der 1985 vorgezogenen Kredite in der Höhe von 300 Mio Fr. für die beschleunigte Beschaffung des Kampfpanzers Leopard. Die dritthöchsten Aufwendungen wurden für den Bereich Verkehr und Energie (3,6 Mia Fr.) budgetiert. Die kleine Kammer überwies ferner einstimmig eine Motion des Nationalrates, wonach der Zahlungsrahmen — d.h. die Festlegung der finanziellen Mittel für bestimmte Ausgabenbereiche über mehrere Jahre hinaus — im Finanzhaushaltgesetz zu verankern ist. Eine zweite Motion des Nationalrates betreffend die Einholung eines Mitberichts der Finanzkommissión, wenn die Ausgabenbeschlüsse des Rates die Anträge des Bundesrates oder des Erstrates übersteigen sollten, wurde hingegen vom Ständerat abgelehnt
[10].
Die
Staatsrechnung der Eidgenossenschaft für 1985 schloss mit einem Ausgabenüberschuss von 696 Mio Fr., womit das budgetierte Defizit um lediglich 13 Mio Fr. übertroffen wurde. Im Vergleich zur Vorjahresrechnung fiel dieses fünfzehnte Defizit in ununterbrochener Folge um 248 Mio Fr. höher aus. Die Einnahmen (22,2 Mia Fr.) entwickelten sich gegenüber 1984 mit einem Wachstum von 4,7% schwächer als die Ausgaben (+5,7%) und blieben erstmals seit 1979 hinter dem Voranschlag zurück; dies war namentlich darauf zurückzuführen, dass sich die Erwartungen hinsichtlich der direkten Bundessteuer, der Verrechnungssteuer, der WUST und der Einfuhr- und Treibstoffzölle nicht erfüllten. Ebenfalls überschätzt wurden die Erträge der neu erhobenen Strassenverkehrsabgaben. Von den Ausgaben (22,9 Mia Fr.) wurden 87% für die sechs bedeutendsten Aufgabenbereiche verwendet. Den grössten Ausgabenposten beanspruchte mit 5 Mia Fr. die Landesverteidigung. Die überdurchschnittliche Ausgabensteigerung von 13,1 % gegenüber der Vorjahresrechnung resultierte namentlich aus der ausserordentlichen und zu kompensierenden Panzerbeschaffung; ohne diese Aufwendungen hätte der Anstieg 4,2% betragen. Die Soziale Wohlfahrt kostete nach einem Zuwachs von 3,1 % knapp 4,9 Mia Fr., was einem Anteil von 21,4% an den Gesamtausgaben entsprach. Erstmals die 2-Millionen-Grenze überschritten die Aufwendungen für Landwirtschaft und Ernährung, welche hinter den Posten Verkehr und Energiewirtschaft (3,5 Mio Fr.) und Finanzausgaben (2,7 Mia Fr.) an fünfter Stelle lagen. Umfangreiche Massnahmen zur Absatzsicherung landwirtschaftlicher Produkte hatten Nachtragskredite von 160 Mio Fr. erfordert
[11].
[10] Voranschlag 1986: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1988 ff., 2005 ff., 2031 ff., und 2176 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 623 ff., 703 ff. und 760 f.; BBl, 1986, I, S. 88 f.; Botschaft des Bundesrates... zum Voranschlag... für das Jahr .1986; Presse vom 21.2.85; 19.10.85; 4.12.85; 10.-12.12.85; 18.12.85; 20.12.85; wf, Dok., 46, 18.11.85; wf, Kurzkommentare, 42, 21.10.85; SHZ, 43, 24.10.85; Die Volkswirtschaft, 59/1986, S.21 ff. Motionen des Nationalrates: Amtl. Bull. StR, 1985, S. 274 und 448. Die Räte genehmigten ein neues Reglement der Finanzkommission (Amtl. Bull. NR, 1985, S. 2041 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 677 ff.). Vgl. auch SPJ, 1984, S. 86 f.
[11] Staatsrechnung 1985: Botschaft des Bundesrates... zur Staatsrechnung... für das Jahr 1985; TA, 30.7.85; Presse vom 29.4.85; wf, Kurzkommentare, 18, 5.5.86. Nachträge zum Voranschlag 1985; Amtl. Bull. NR, 1985, 5.914 ff. und 1984; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 311 ff. und 702; BBl, 1985, II, S. 309; NZZ, 9.5.85; Presse vom 7.6.85; 11.6.85; 30.10.85; 8.11.85; 10.12.85; 18.12.85. Staatsrechnung 1984: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1055 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 270 ff.; BBl, 1985, II, S. 308; NZZ, 5.6.85; 18.6.85. Zu den Quartalsrechnungen des Bundes (1981-1985) siehe BBl, 1985, I, S. 1197 ff.; II, S. 715 ff. Vgl. auch Bundesamt für Statistik, Öffentliche Finanzen der Schweiz 1983, Bern 1985 ; Die Volkswirtschaft, 58/1985, S. 621 ff. Sowie oben, Einnahmen, und SPJ, 1984, S. 87 f.
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