Année politique Suisse 1985 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt
Boden
Die Diskussion der Frage, ob dem Waldsterben in absehbarer Zeit eine weit schwerer wiegende Vergiftung des Bodens folgen werde, gewinnt zunehmend an Bedeutung: Durch die Luftverschmutzung und den Sauren Regen gelangen immer grössere Giftstoffmengen aus der Abfallverbrennung, den Heizungen, der Industrie sowie aus den Motorfahrzeugabgasen in den Boden. Darüber hinaus machen sich negative Folgen der seit dem Zweiten Weltkrieg betriebenen Landwirtschaftspolitik bemerkbar, indem die Chemisierung des Landbaus sowie die intensive mechanische Bearbeitung mit schweren Maschinen zu Bodenschäden führen. Zur schleichenden Vergiftung trägt insbesondere die
Verseuchung mit Schwermetallen bei, die sich als nicht abbaubare Gifte im Boden anreichern. So enthält etwa Kunstdünger, aber auch Klärschlamm unter anderem Cadmium, das sich — einmal in die Nahrungskette gelangt — als «Zeitbombe» für die menschliche Gesundheit erweisen kann
[17].
Zwei nationalrätliche Motionen verlangten deshalb unverzüglich wirksame Massnahmen zum Schutz der Lebensgrundlage Boden; sie wurden auf Antrag des Bundesrates in der abgeschwächten Form von Postulaten überwiesen. In ihrer Stellungnahme räumte die Landesregierung diesem Bereich hohe Priorität ein und bekundete die feste Absicht, eine rasche und umfassende Ausgestaltung der qualitativen Bodenschutzbestimmungen zu verwirklichen. Neben den Verordnungen über die Luftreinhaltung und über umweltgefährdende Stoffe soll die Verordnung über den Schadstoffgehalt des Bodens (VSBo) den Schutz der Bodenfruchtbarkeit garantieren, indem sie Grenzwerte für die Konzentration von zehn Schwermetallen festsetzt. In der Vernehmlassung wurde die VSBo zwar allgemein begrüsst, gleichzeitig aber als zu wenig weitgehend kritisiert. Der Schweizerische Bauernverband etwa hielt fest, dass ein andauernder und sicherer Schutz des Bodens nur erreicht werden könne, wenn Schadstoffe gänzlich ausgeschaltet würden. Die Kantone wiederum wünschten eine Ausdehnung der Grenzwerte auch auf andere Schadstoffe, wie beispielsweise die nur schwer abbaubaren chlorierten Kohlenwasserstoffe, sowie restriktivere Massnahmen bei bereits geschädigten Böden. Im Berichtsjahr konnte das ebenfalls in der VSBo vorgesehene nationale Beobachtungsnetz zur Ermittlung der aktuellen Bodenbelastung (NABO) aufgebaut werden, das eine langfristige Überwachung anhand ausgewählter und repräsentativer Standorte ermöglichen soll. Erste Ergebnisse der NABO-Untersuchungen, die vorläufig nur die Schwermetallbelastung erfassen, sind frühestens 1987/88 zu erwarten
[18].
[17] Vergiftung des Bodens: Vr, 4.1.85;AT, 9.1.85;PZ, 7, 20.2.85; TA, 26.4.85; Vat., 6.8.85; 10.8.85; 16.11.85; Rote Revue, 64/1985, Nr. 1; Documenta, 1985, Nr. 2; Bilanz, 1985, Nr. 7; Bodenkundliche Gesellschaft der Schweiz, Boden — bedrohte Lenbensgrundlage?, Aarau 1985; Gottlieb-Duttweiler-Institut (Hg.), Stirbt der Boden? Die schleichende Vergiftung unserer Lebensgrundlage, Rüschlikon 1985; E.R. Müller, Unser Boden — der letzte Dreck?, Gümligen 1985; SBN, Lebensraum Boden, Basel 1985. Cadmium: Vat., 1.2.85; Ww, 26, 27.6.85; SZ, 27.8.85; BUS, Cadmium in der Schweiz, Bem 1984.
[18] Motionen von NR Ruf (na, BE) und der LdU/EVP-Fraktion: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 718 ff und 1235 f. ; siehe auch S. 194 und 2282. Vernehmlassung VSBo: NZZ, 25.1.85; BaZ, 2.2.85. NABO: BaZ, 11.2.85; 12.2.85; Presse vom 21.8.85.
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