Année politique Suisse 1985 : Bildung, Kultur und Medien / Bildung und Forschung
 
Forschung
Der oben erwähnte Hayek-Bericht über die Lage der ETH verstärkte bei Parlament und Bundesrat die Einsicht in die Notwendigkeit, die Forschung in der Schweiz gezielter zu födern. National- und Ständerat stimmten mit grossem Mehr einem Rahmenkredit zur Förderung der praxisorientierten Forschung und Entwicklung während der Jahre 1986-1991 in der Höhe von 150 Mio Fr. zu. Der nachgesuchte Kredit entsprach dem Ausgabenniveau der vergangenen 5 Jahre sowie einem jährlichen realen Wachstum von 3% und wird — dank der bisherigen Praxis, wonach die interessierte Industrie sich mit gleichen Beträgen mitbeteiligt — ein Forschungsvolumen von 300 Mio Fr. auslösen. Das neue Finanzierungsmodell mit mehrjährigen Rahmenkrediten löst das System der jährlichen Zusicherungskredite und unregelmässigen Mehrjahreskredite ab und schallt stabilere finanzielle und forschungspolitische Planungsgrundlagen. Für dieselbe Periode beantragte der Bundesrat dem Parlament Sondermassnahmen im Umfang von 207 Mio Fr.; damit soll die Aus- und Weiterbildung sowie die Forschung in den Bereichen Informatik und Ingenieurwissenschaften impulsartig vorangetrieben werden, um den Rückstand bezüglich der neuen Technologien aufzuholen [33]. Mit den beiden Kreditbegehren kam der Bundesrat auch entsprechnenden Vorschlägen des Schweizerischen Wissenschaftsrates nach. Diese Vorschläge wurden mit einem Bericht untermauert, der dem Bundesrat auch als Grundlage für die konzeptionelle Umschreibung der Forschungspolitik des Bundes von 1988-1991 dienen soll; zur Erstellung eines solchen .Mehrjahresplanes, welcher auch im Finanzplan und in den Regierungsrichtlinien des Bundesrates Berücksichtigung findet, war der Bundesrat gemäss Forschungsgesetz von 1983 verpflichtet [34].
Das Bundesgericht nahm Stellung zur Frage des Verhältnisses von Persönlichkeitsschutz einer öffentlichen Person und Publikationsrecht der Geschichtsforschung. Es wies die Begründung des Zürcher Obergerichts zurück, welches einer Gruppe von Historikern verboten hatte, die früheren politischen Aktivitäten von alt Nationalrat Eibel (fdp, ZH) in einen Zusammenhang mit dem Frontismus zu bringen: öffentliche Personen hätten keinen Anspruch darauf, dass über ihre Vergangenheit geschwiegen werde. Eine nach Ansicht des Bundesgerichtes unwahre Stelle in der betreffenden Publikation, welche Eibel Landesverrat unterstellte, bleibt allerdings verboten [35].
top
W.S.
 
[33] Rahmenkredit: Amtl. Bull. NR, 1985, S. 1938 ff.; Amtl. Bull. StR, 1985, S. 425 ff.; BBl, 1985, I, S. 933 ff.; 1986, I, S. 90; Presse vom 5.3.85; 20.6.85; 5.12.85; 6.12.85. Sondermassnahmen: BBl, 1986, S. 321 ff.; Presse vom 3.12.85. Vgl. auch A. Egli, «Der Stellenwert der Forschung in der Politik», in Documenta, 1985, Nr. 4, S. 18 ff.; Bundesamt für Statistik, Die Aufwendungen des Bundes für Forschung und Entwicklung von 1976 bis 1983. Überblick, Bern, 1985 ; dass., Die Aufwendungen des Bundes für Forschung und Entwicklung 1982/83. Basisdaten, Bern 1985; Schweiz. Handels- und Industrie-Verein, Forschung und Entwicklung in der schweizerischen Privatwirtschaft, Zürich 1985. Zu den forschungspolitischen Strukturen siehe Wissenschaftspolitik, 14/1985, S. 171 ff. Vgl. auch oben (Hochschule).
[34] BBl, 1985, III, S. 223 ff.; Schweiz. Wisschenschaftsrat, Ziele für eine schweizerische Forschungspolitik, Bern 1985; Presse vom 31.7.85; NZZ, 24.10.85. Der BR verabschiedete ferner die Vollzugsverordnung zum Forschungsgesetz (Presse vom 11.6.85). Vgl. auch SPJ, 1983, S. 169 und D. Freiburghaus / W. Zimmermann, Wie wird Forschung politisch relevant? Bern 1985.
[35] J. Frischknecht u.a., Die unheimlichen Patrioten. Politische Reaktion in der Schweiz, Zürich 1984. WoZ, 5, 1.2.85; 19, 10.5.85; Presse vom 3.5.85; 25.10.85. Vgl. auch SPJ, 1984, S. 162.