Année politique Suisse 1986 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
 
Äussere Linken
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Partei der Arbeit
Die Organisationen der nichtsozialdemokratischen Linken vermochten aus der Erosion der Bundesratsparteien keinen Gewinn zu ziehen. Die traditionell-kommunistische Partei der Arbeit (PdA) erlitt weitere Wählereinbussen. Für einen Parteitag im Jahre 1987 stellte ihre Führung ein Thesenpapier zur Diskussion, das eine schonungslose Überprüfung des Parteikurses verlangte, wobei es auf die ökologische und kulturelle Krise, auf die Frauenbewegung wie auch auf das Prinzip der Selbstverwaltung besonders hinwies. Von der parteiinternen Kritik wurde den Thesen Uneinheitlichkeit zum Vorwurf gemacht. Die einen vermissten eine klare marxistische Ausrichtung, andern war die Distanzierung von den Oststaaten oder die Betonung der ökologischen Frage nicht eindeutig genug. Symbolhaft für die Lage der Partei wirkte der Rückzug J. Vincents, der lange ihr führender Kopf gewesen war, aus dem politischen Leben. Dessen 80. Geburtstag wurde in Genf mit westschweizerischer Toleranz im Beisein von Prominenz verschiedenster Couleur gefeiert [32].
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Progressive Organisationen
Die Progressiven Organisationen (POCH) gerieten nach den Zürcher und Berner Wahlen, in denen sie von den zur GPS (Grüne Partei der Schweiz) zählenden Grünen deutlich überholt wurden, in eine Identitätskrise. Dabei machten sich Spannungen zwischen der bisherigen, überwiegend männlichen und etwas verbrauchten Führungsschicht und einer doppelten Opposition geltend. Einerseits wurde das Konzept einer feministischen Partei vertreten, das sich aus dem Drängen weiblicher Mitglieder nach faktischer Gleichstellung entwickelt hatte. Die Frauen erreichten es an einer Delegiertenversammlung, dass sie in den zentralen Gremien künftig mit 60% der Sitze vertreten sein sollen und dass der Frauenfrage in der vorgesehenen Programmrevision zwar nicht die dominierende, aber doch eine prioritäre Position zuerkannt wurde. Eine Reihe von bekannten männlichen POCH-Exponenten schied aus dem Parteivorstand aus; bei der Neubesetzung der Zentralorgane zeigte sich jedoch, dass bei den Frauen die Bereitschaft, sich an der Führung zu beteiligen, für die Einlösung des weiblichen Vertretungsanspruchs nicht breit genug war [33]. Anderseits war eine Tendenz wirksam, die POCH — über das Konzept des «grünen Bogens» hinaus — in einer umfassenderen grünen Formation aufgehen zu lassen. Einzelne Kantonalorganisationen beschlossen, ihre Vertreter bei kommenden Wahlen auf eine grüne Liste zu setzen, ohne die eigene Parteibezeichnung noch im Vordergrund stehen zu lassen. In Luzern wurde damit ausdrücklich eine Distanzierung vom früheren linkssozialistischen Kurs angestrebt. In Baselland umfasste eine entsprechende Allianz sogar die regionale Organisation der GPS [34].
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Sozialistische Arbeiterpartei
Die Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) stellte ihrerseits eine Öffnung zur Diskussion; diese soll grüne, feministische und sozialistische Kräfte zu einer pluralistischen Bewegung zusammenführen, welche sich freilich vom Bürgertum schärfer abzugrenzen hätte, als es bei der SP und der GPS der Fall ist [35].
 
[32] Wählereinbussen: vgl. oben, Teil I, 1e (Kantonale Wahlen, Waadt ; Tabelle). Thesenpapier: Vorwärts, 42, 16.10.86; vgl. auch BZ, 23.1.86. Kritik: Vorwärts, 48, 27.11.86; 49, 4.12.86. Vincent: JdG, 20.6.86; vgl. BaZ, 20.6.86; A. Klopmann in L'Hebdo, 26, 26.6.86; ferner SPJ, 1978, S. 176. Vincent war 1947-1980 im NR und 1936-1986 im Genfer Grossen Rat.
[33] Wahlen: vgl. oben, Teil I, 1e (Kantonale Wahlen, Bern; Kommunale Wahlen, Zürich; Tabelle). Identitätskrise: NZZ, 2.6.86; 6.6.86; SCT, 26.6.86. Frauen: Presse vom 16.6.86; PZ, 23, 19.6.86; vgl. dazu PZ, 13, 10.4.86 ; TA, 1.7.86 ; ferner SPJ, 1985, S. 238. Ausscheiden aus dem Parteivorstand : NZZ, 16.6.86. Vgl. auch R. Blum, «Wandel und Konstanten bei den Progressiven Organisationen (POCH) 1971-1986», in SJPW, 26/1986, S. 119 ff.
[34] Grüner Bogen: vgl. SPJ, 1984, S. 220; 1985, S. 237. Luzern: LNN, 11.10.86; 18.10.86; PZ, 37, 16.10.86; vgl. auch LNN, 24.7.86; 23.10.86; PZ, 28, 14.8.86. Baselland: BaZ, 7.11.86; PZ, 42, 20.11.86. Bereits 1985 hatten in SO die POCH-Vertreter als «Grüne» für den Kantonsrat kandidiert (SPJ, 1985, S. 32).
[35] Bresche, 302, 24.11.86; vgl. auch SPJ, 1985, S. 238.