Année politique Suisse 1986 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte
 
Verwaltung
Die Absicht, einen Teil der Verwaltung des Bundes geographisch zu dezentralisieren, löste ein lebhaftes Echo aus. Mehr als 100 Gemeinden aus 22 Kantonen bewarben sich um eines der sieben in Frage kommenden Amter. Um so mehr Enttäuschte gab es dann bei der Bekanntgabe, dass nur für vier Bundesämter eine Dislokation ernsthaft in Erwägung gezogen werden soll. Die vier Orte, welche der Bundesrat zur Einreichung von Detailofferten aufforderte, liegen allesamt nahe an der deutsch-französischen Sprachgrenze in Gebieten mit strukturschwacher Wirtschaft und sind zudem von Bern aus relativ rasch zu erreichen. Mit der Berücksichtigung des letzten Auswahlkriteriums hofft die Regierung den Unmut der Beamten zu besänftigen [12].
Die ohne zusätzliches Personal (mit Ausnahme der Zollverwaltung) auf den 1.6.1986 in Kraft gesetzte Arbeitszeitverkürzung von 44 auf 42 Wochenstunden verlieh einer Rationalisierung und Leistungssteigerung in der Verwaltung erhöhte Dringlichkeit. Die Vornahme einer umfassenden Überprüfung der Strukturen der Bundesverwaltung durch aussenstehende Experten scheint der Exekutive im Moment noch nicht opportun, da es zuerst gelte, sich vollständige Klarheit über die Wirkungen der verwaltungsinternen Effizienzüberprüfung (EFFI) zu verschaffen. Die kleine Kammer schloss sich dieser Ansicht an und wandelte eine von A. Ogi (svp, BE) eingereichte und 1985 vom Nationalrat überwiesene Motion in ein Postulat um. Die Geschäftsprüfungskommission des Nationalrats beurteilte zwar die Auswirkungen der ersten Phase des Projekts EFFI gesamthaft positiv, sie verlangte aber vor allem im Bereich des departementsübergreifenden Stellenaustausches noch vermehrte Anstrengungen. Für die Durchführung derartiger Massnahmen — sie bilden die 2. Phase von EFFI —beschloss der Bundesrat den Beizug eines externen Beraters (Firma McKinsey) [13].
Der Bundesrat legte dem Parlament den Entwurf für die Revision des Bundesgesetzes über das Dienstverhältnis der Beamten vor. Dabei geht es zum einen darum, auch Teilzeitbeschäftigte mit einem Beschäftigungsgrad von mindestens 50% im Beamtenverhältnis einstellen zu können. Der Einsatz von Teilzeitbeschäftigten ist in der Verwaltung nichts Neues und wird vom Bundesrat als Mittel zur erhöhten Flexibilität und zur besseren Kapazitätsauslastung positiv eingeschätzt. Ein wichtiges Argument zugunsten der vorgeschlagenen Neuerung bilden aber auch die gewandelten Erfordernisse des Arbeitsmarkts. Die zweite erwähnenswerte Anpassung betrifft die Gleichstellung der Geschlechter beim Bezug des Ortszuschlags für Verheiratete. Schliesslich sah der Entwurf die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für die Sicherheitsprüfung von Beamten mit Zugang zu wichtigen Staatsgeheimnissen vor. Nicht nur die persönlichen Verhältnisse hätten in diese Abklärungen einbezogen werden können, sondern auch die Einstellung zur verfassungsmässigen Ordnung. Das Parlament stimmte den beiden ersten der hier zitierten Revisionspunkte zu, es strich jedoch die von den Personalverbänden vehement bekämpfte Sicherheitsprüfung. Ebenfalls abgelehnt wurden Anträge aus der Ratsmitte, welche die Möglichkeit der Auszahlung von Sonderzulagen in Orten mit besonders angespanntem Arbeitsmarkt ins Gesetz aufnehmen wollten [14].
 
[12] Presse vom 29.10.86 und 30.10.86 ; Schweiz. Beamten-Zeitung, 20, 6.11.86 ; Amtl. Bull. NR, 1986, S. 1777 (BR Stich zu den Auswahlkriterien). Vorgesehen ist die Verlegung des BA für Statistik (ca. 220 Beschäftigte) nach Neuenburg, des BA für Wasserwirtschaft (42) nach Biel, des BA für Forstwirtschaft und Landschaftsschutz (49) nach Bulle (FR) und des BA für Wohnungswesen (48) nach Grenchen (SO). Vgl. auch SPJ, 1985, S. 20 f.
[13] Arbeitszeit: AS, 1986, S. 193 ff. Vgl. auch SPJ, 1985, S. 21. Motion Ogi: Amtl. Bull. StR, 1986, S. 47 ff. EFFI: BBl, 1986, II, S. 438 ff. und Amtl. Bull. NR, 1986, S. 572 (GPK); Amtl. Bull. StR, 1986, S. 313; Ww, 38, 18.9.86; Presse vom 7.10.86 (2. Phase EFFI). Siehe auch SPJ, 1985, S. 21. Die Schweiz. Gesellschaft für Verwaltungswissenschaften führte zu diesem Thema am 2.4.86 in Bern eine Tagung durch (vgl. A. Hofmeister (Hg.), Effizienz im öffentlichen Bereich - eine Methodendiskussion, Bern 1986). In einigen Departementen führten Abstimmungs- und Koordinationsprobleme zu Untersuchungen und zum Teil auch zu Umstrukturierungen. Siehe dazu unten, Teil I, 2 (Aide humanitaire), 4a (Konjunkturpolitik) und 7b (Produits engendrant la dépendance).
[14] BBl, 1986, II, S. 313 ff. und 1987, I, S. 18 ff. ; Amtl. Bull. NR, 1986, S. 1076 ff., 1924 f. und 1924 ; Amtl. Bull. StR, 1986, S. 727 ff., 810 und 841. Personalverbände: BaZ, 30.5.86. Die LdU/EVP-Fraktion reichte im NR zwei Motionen zur Anstellung von Spitzenfunktionären des Bundes ein. Die Vorstösse fordern einerseits die Ersetzung der Beamtung durch obligationenrechtliche Anstellung und anderseits die fakultative Bestätigung derartiger Einstellungen durch das Parlament (Verhandl. B. vers., 1986, V, S. 37). Vgl. dazu auch Hermann Schroff, «Wie feuert man Chefbeamte», in Schweiz. Beamten-Zeitung, 6, 27.3.86, S. 2.