Während sich das Interesse am Tierschutzgesetz in Grenzen hält, bewegte auch im Berichtsjahr die Frage der Tierversuche die Öffentlichkeit. Ein Jahr nach der Verwerfung der Initiative für die Abschaffung der Vivisektion wurde die
Volksinitiative des Schweizer Tierschutzes (STS) «zur drastischen und schrittweisen Einschränkung der Tierversuche (weg vom Tierversuch!)» eingereicht. Ein Initiativkomitee um die Schauspielerin Ines Torelli kündigte die Lancierung von insgesamt drei neuen Volksinitiativen an, deren Ziel die Abschaffung von Tierversuchen sowie die Etablierung einer « neuen Medizin» zur Bekämpfung der Krebserkrankung ist. Auf parlamentarischer Ebene betrafen mehrere Vorstösse die Beseitigung des auch wissenschaftsintern umstrittenen DL-50 Tests. Der Bundesrat wehrte sich gegen ein generelles Verbot dieses sowie ähnlicher Tests; er zeigte sich jedoch bereit, deren Einsatz weiter zu reduzieren. Andere Vorstösse verlangten eine Aufwertung alternativer Forschungsmethoden gegenüber den Tierversuchen. In ihrer Stellungnahme zur als Postulat überwiesenen Motion Günter (ldu, BE) lehnte es die Landesregierung ab, Vorschriften für Forscher betreffend Kenntnisse in alternativen Methoden zu erlassen und verwies auf die Hochschulinstitute und Unternehmungen, welche diese Ausbildung anbieten. Eine 14köpfige parlamentarische Gruppe für Tierversuchsfragen, gegründet 1985 als Reaktion auf die Antivivisektions-Initiative, errichtete einen von Industrie, Tierschutzorganisationen und Bund zu speisenden Finanzpool zur Erforschung von Methoden, welche die Tierversuche verfeinern oder ersetzen. Damit soll das 1986 abgeschlossene Nationale Forschungsprogramm «Alternativen zum Tierversuch» (NFP 17) auf einer anderen Ebene weitergeführt werden. Der Finanzbedarf der eingereichten Projekte beträgt jährlich 5 Mio Fr. ; der parlamentarischen Gruppe wurden für den Finanzpool Zusicherungen in der Höhe von jährlich 1-1,5 Mio Fr. gemacht
[15].
[15] Amtl. Bull. NR, 1986, S. 459 f., 474, 499 ff., 1050, 1473 (Motion Günter) und 1541 f. ; BZ, 25.4.86 ; NZZ, 25.4.86; TA, 13.5.86; Presse vom 14.5.86 und 31.10.86; SZ, 29.8.86. Die Schweizer Liga gegen die Vivisektion reichte eine Petition zur Förderung des Unterrichts in Alternativmethoden zu Tierversuchen an den Schweizer Hochschulen ein (BaZ, 19.6.86). Siehe auch Verein für Tierrechte Bern u.a., Schwächen des Tierschutzgesetzes, 1985 ; Civis-Schweiz antwortet auf immerwiederkehrende Fragen, 1986. Die Zahl der in Schweizer Laboratorien für Versuche verwendeten Tiere ging von 1985 bis 1986 um 8,9% auf 1,437 Exemplare zurück (TA, 23.6.87). Einer Aufsichtsbeschwerde von Ines Torelli gegen den BR im Zusammenhang mit der Abstimmung über die Antivivisektions-Initiative wurde nicht stattgegeben (BBl, 1986, I, S. 685f.; SZ, 29.1.86). Siehe auch SPJ, 1985, S. 92 f.