Année politique Suisse 1987 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Verbände und übrige Interessenorganisationen
Übrige Interessenorganisationen
Die enger gewordene politische Zusammenarbeit der grossen Umweltschutzorganisationen bestätigte sich 1987 und wurde namentlich in zwei Bereichen augenfällig. Zum einen lancierten sie gemeinsam mit regionalen Komitees vier Volksinitiativen gegen umstrittene Nationalstrassenteilstücke (Kleeblatt-Initiative) und brachten die nötigen Unterschriften innert kurzer Zeit zusammen. Zum andern prägten sie die Kampagnen zur Nationalratswahl und zu kantonalen Wahlen mit ihren Umwelttarifen und Wahlempfehlungen. Ganz neu war ihr diesbezügliches Engagement allerdings nicht, denn bereits in früheren Jahren hatten sie – wie dies andere Verbände jeweils auch tun – einzelne Personen als besonders gute Interessenvertreter zur Wahl empfohlen. Neu war 1987 das systematischere Vorgehen und das
Bestreben nach einer möglichst breiten Koalition aller im Umweltschutz tätigen Gruppierungen. An den erwähnten Aktionen waren neben Organisationen, die sich seit jeher als politische verstanden haben – wie z.B. die Schweiz. Gesellschaft für Umweltschutz (SGU) – auch solche beteiligt, bei denen das politische Engagement noch neu ist. So machte zum Beispiel das Schweizerische Landeskomitee für Vogelschutz bei der Kleeblatt-Initiative mit, die Naturfreunde sowie Kantonalsektionen des Heimatschutzes stellten sich hinter die Wahlempfehlungen. Das Wahkampfengagement der Umweltorganisationen stiess allerdings auch auf Kritik. So traten die Städte Zürich und Zollikon aus der SGU aus, weil diese sich bei den Regierungsratswahlen an der Werbung für einzelne Kandidaten beteiligt hatte
[23].
Die Verkehrsfragen haben im Zusammenhang mit den Umweltproblemen einen wichtigen Stellenwert erlangt. Die vielen Initiativen und Referenden zeigen zudem, dass in diesem Bereich die Bereitschaft der Bürger und Bürgerinnen zur aktiven Teilnahme an der Politik besonders gross ist. Von Bedeutung ist deshalb auch die Entwicklung der Interessenorganisationen der Verkehrsteilnehmer. Beim jüngsten der drei Verbände, dem grünen
Verkehrsclub der Schweiz (VCS), löste Alfred Zimmermann den nach acht Jahren zurückgetretenen Präsidenten Hans-Rudolf Schulz ab. Dass Zimmermann nur als "Interims"-Präsident für vorläufig ein Jahr gewählt wurde, hängt mit der sich im Gang befindenden Strukturreform des VCS zusammen. Ziel dieser Reform soll es sein, die aus einer lockeren Bewegung heraus gewachsenen Strukturen zu klären und zu straffen und damit die stark gewachsene Organisation zu konsolidieren
[24].
Der VCS liess zudem in einer Meinungsumfrage seinen Bekanntheitsgrad und sein Image sowie auch das seines grössten Konkurrenten, des TCS, abklären. Dabei zeigte sich, dass ihm trotz seines geringen Alters eine recht gute Profilierung gelungen ist, dass er aber immer noch bedeutend weniger bekannt ist als der TCS. Aus der Umfrage ging ferner hervor, dass beim TCS vor allem das Dienstleistungsangebot für die Mitglieder attraktiv wirkt, während beim VCS seine politische Aktivität Hauptanziehungspunkt bildet. Über die Organisation von motorisierten Verkehrsteilnehmern in einer eigenen politischen Partei und über deren Wahlerfolg berichten wir an anderer Stelle
[25].
Unter den verschiedenen Frauenorganisationen ist die Zusammenarbeit noch nicht derart gefestigt wie bei den im Umweltschutzbereich aktiven Gruppierungen, und sie ist angesichts der unterschiedlichen Interessen, Mentalitäten und Traditionen wohl auch schwerer zu bewerkstelligen. Die Dachorganisation "Schweiz. Verband für Frauenrechte" warb zwar mit einem Wahlaufruf für die Verstärkung der Frauenvertretung im Parlament; eine dazu geplante Plakataktion scheiterte jedoch am Geldmangel. Auch verzichtete der Verband auf die Empfehlung von einzelnen Kandidierenden, welche sich besonders für Frauenanliegen eingesetzt hatten
[26].
[23] Kleeblatt-Initiative: vgl. oben, Teil I, 6b (Strassenbau) und VCS-Zeitung, 1987, Nr. 2, S. 4 ff. Wahlen: siehe oben, Teil I, 1e (Eidg. Wahlen: Wahlkampf); vgl. dazu auch VCS-Zeitung, 1987, Nr.6, S. 9 f (Interview mit Prof. Gruner). Austritte aus der SGU: NZZ, 5.5.87; TA, 7.5. und 11.5.87. Zur organisationsinternen Kritik an den Umwelttarifen vgl. TA, 2.10.87 (Heimatschutz) und VCS-Zeitung, 1987, Nr. 6, S. 11 (VCS). Ein Überblick über die diversen Umweltschutzorganisationen und ihre Arbeitsteilung findet sich in TA, 13.11.87.
[24] VCS-Zeitung, 1987, Nr. 5, S. 11 ff.; BZ, 18.4.87; SGT, 22.6.87.
[25] Umfrage: VCS-Zeitung, 1987, Nr. 4, S. 5 ff. Zur Autopartei siehe oben, Teil I, 1e (Eidg. Wahlen) und Teil lIla (Autopartei).
[26] BZ, 13.4.87; TA, 27.8.87; siehe auch oben, Teil I, 1e (Eidg. Wahlen: Wahlkampf).
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