Année politique Suisse 1987 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Regierung
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Wahl der neuen Bundesräte
Die Konstellation für die Neubesetzung der beiden Mandate war in bezug auf ihre geographische Herkunft klar: Da die SVP in der Westschweiz nur ein Randdasein fristet, hatten die Sozialdemokraten eine französischsprachige Kandidatur zu präsentieren. Da im weiteren die prominenten Politikerinnen in der SVP rar sind, trug die SP ebenfalls die Verantwortung dafür, ob neben der Freisinnigen Kopp eine zweite Frau in die Landesregierung einziehen sollte. Angesichts der Tatsache, dass die einzige Politikerin mit echten Wahlchancen, die Waadtländer Ständerätin Jaggi, nicht wählbar war, weil sie aus dem selben Kanton stammt wie Bundesrat Delamuraz, wurde diese Option rasch fallengelassen. Als valable Bewerber schälten sich der Genfer Grobet, der Neuenburger Felber und der Freiburger Morel heraus. Alle drei hatten einmal im Nationalrat gesessen und verfügten als Mitglieder von Kantonsregierungen über Exekutiverfahrung. Während die beiden ersten von ihren Kantonalparteien portiert wurden, fand Morel nur bei einem Teil der Freiburger SP Unterstützung. Der dem rechten Parteiflügel zuzurechnende ehemalige Chef der SP-Nationalratsfraktion, der in den letzten Jahren eine Dauerfehde mit der Leitung der SPS geführt hatte, verzichtete in der Folge auf eine Kandidatur. Grobet hingegen war in der Partei unbestritten und hatte auch deshalb gute Wahlchancen, weil der Kanton Genf seit 68 Jahren keinen Vertreter im Bundesrat gehabt hat. Gerade dieser vermeintliche Vorteil sollte sich negativ auswirken: Die bürgerlichen Genfer Parteien (v.a. die CVP) begannen sich selbst Chancen auf eine spätere erfolgreiche Kandidatur auszurechnen und distanzierten sich von Grobet. Die SP-Fraktion nominierte im ersten Wahlgang René Felber als einzigen Kandidaten [8].
Bei der Schweizerischen Volkspartei war es von allem Anfang an klar, dass die Berner versuchen würden, den 1979 verlorenen traditionellen Bundesratssitz wieder zurückzugewinnen. Gegen die Konkurrenz der beiden Regierungsräte Müller und Schmid vermochte sich auf kantonaler Ebene der Präsident der gesamtschweizerischen Partei, Adolf Ogi, ohne grosse Mühe durchzusetzen. Aus anderen Kantonen wurden die Bewerbungen von Ständerat Gadient (GR), Nationalrat Nebiker (BL) und Regierungsrat Siegrist (AG) angemeldet. Vom sachpolitischen Leistungsausweis her wurde Ogi als der schwächste Kandidat bezeichnet, andererseits sprachen für ihn seine grosse Popularität (er hatte das absolut beste Resultat für den Nationalrat erzielt) und seine erfolgreiche Tätigkeit als SVP-Präsident. Eher als Handicap wurde sein jugendliches Alter von 45 Jahren und das für helvetische Verhältnisse rasante Tempo seiner politischen Karriere eingestuft. Der frühere Sportfunktionär war erst 1978 in die SVP eingetreten, ein Jahr später war seine Wahl in den Nationalrat erfolgt, und 1984 übernahm er die Leitung der Partei. Trotz parteinternen Kritiken an Ogi, der in der SVP mit seinem Kurs der Parteiöffnung nicht nur Freunde gewonnen hatte, bestimmte ihn die Fraktion im ersten Wahlgang zum Kandidaten für die Nachfolge Schlumpfs [9].
Am 9. Dezember trat die Vereinigte Bundesversammlung zur Wahl der beiden neuen Bundesräte zusammen. Der 54jährige Sozialdemokrat Felber wurde mit deutlichem Mehr im ersten Wahlgang gewählt. Spannender verlief die Ausmarchung um den Sitz der SVP. Zum ersten Mal seit der Wahl von Roger Bonvin anstelle des offiziellen CVP-Kandidaten vor 25 Jahren wurde mehr als ein Wahlgang benötigt. Im ersten Umgang fehlten dem von den Fraktionen der vier Bundesratsparteien unterstützten Ogi sieben Stimmen zum absoluten Mehr von 121; Nebiker erhielt 43, Gadient 33, Siegrist 31 und die Berner Regierungsrätin Leni Robert (gp) 17 Stimmen. Im zweiten Wahlgang schaffte Adolf Ogi mit 132 Stimmen die Wahl zum neuen Bundesrat. Zum Bundespräsidenten für 1988 wurde Otto Stich (sp) gewählt [10]. Trotz Spekulationen über eine allfällige Departementsumverteilung, welche durch den von CVP-Seite vorgebrachten Wunsch, ihren Bundesrat Koller vom EMD wegzuhaben, genährt wurden, kam es zu keiner Rochade: Felber übernahm das EDA, Ogi das EVED [11].
 
[8] Morel: Lib., 11.11.87 ; TA, 12.1 1.87. Grobet: Suisse, 7.9. und 14.9.87; JdG, 26.10. und 6.11.87. Felber: LM, 29.10.87. Fraktion: NZZ, 23.11.87.
[9] AT, 5.11.87 (SVP-AG); BaZ, 13.11.87 (SVP-BL); Bund, 16.11.87 (SVP-BE); BüZ, 16.11.87 (SVP-GR); Presse vom 21.1 1.87 (Fraktion). Zu Ogi und speziell zur Rolle des SVP-Parteisekretärs Friedli bei seiner Karriere siehe auch Ww, 10.10.87 und 5.11.87.
[10] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1911 ff.; Presse vom 10.12.87; BBl, 1988, I, 90 f.
[11] TA, 12.12.87; NZZ, 12.12.87; SGT, 18.12.87; Presse vom 22.12.87.