Année politique Suisse 1987 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
Wahlen in grösseren Städten
Bei den Gemeindewahlen in der Stadt Genf eroberte die
Grüne Partei 11 von 80 Sitzen und zog damit gleich als
drittgrösste Fraktion neu ins Parlament ein. Der grüne Schub führte zu Einbussen aller übrigen Parteien. Markant fielen die Vigilants zurück, die in den Grossratswahlen vom Herbst 1985 noch einen erdrutschartigen Sieg verbucht hatten. Zwar waren sie in einigen Agglomerationsgemeinden noch im Aufwind, doch in der Hauptstadt scheinen sie ihren Zenit überschritten zu haben. Ebenfalls grössere Verluste verzeichnete die SP, während die PdA überraschend gut abschnitt. Die Frauen erreichten mit 19 Gewählten einen Anteil von 23,8% der Abgeordneten
[66].
Nach ihrem Wahlsieg rechneten sich die Grünen gute Chancen aus, einen Sitz in der Stadtgenfer Exekutivbehörde zu erobern. Dabei genoss ihr Kandidat die Unterstützung der bürgerlichen Entente genevoise, die — nach dem Verzicht der Liberalen auf eine Kampfkandidatur um den PdA-Sitz — auf diesem Wege die Kommunisten aus der Regierung zu verdrängen hoffte. Gefährdet war auch die Vertretung der Sozialisten, da der bisherige SP-Administrativrat Claude Ketterer aus der Partei ausgetreten war, nachdem ihn diese nicht mehr portieren wollte, und seinen Sitz mit einer eigenen Liste verteidigte. Obwohl die Wahlen schliesslich nichts an der parteipolitischen Zusammensetzung der Genfer Regierung änderten, brachten sie mehrere Uberraschungen: Der PdA gelang es auch nach dem Rücktritt des populären Roger Daflon, ihren Sitz zu verteidigen, und der Kandidat der Grünen blieb auf der Strecke. Nicht mehr gewählt wurde der amtierende Stadtpräsident Ketterer (exsp); dagegen zog — nach der Freisinnigen Lise Girardin — mit der Sozialistin Jacqueline Burnand zum zweiten Mal eine Frau in die Stadtgenfer Exekutive ein
[67].
Der grüne Trend der Luzerner Grossratswahlen wurde bei den Wahlen für das Parlament der Stadt Luzern gebremst. Das Grüne Bündnis gewann nur einen Sitz mehr als die POCH 1983 und ist nun gleich stark vertreten wie die SP, die zwar mandatsmässig stagnierte, ihren Wähleranteil jedoch steigern konnte
[68]. Die Unabhängige Frauenliste, die wie das Grüne Bündnis aus der Offnung der POCH hervorgegangen war, holte auf Anhieb ein Mandat. Einen Sitzgewinn und damit einen Ausbau ihrer Position als stärkste städtische Partei konnten die Liberalen (FDP) verbuchen. Auf der Verliererseite standen wie bei den Grossratswahlen die CVP und der.LdU, der sein einziges Mandat verlor. Mit 11 Parlamentarierinnen — 3 mehr als 1983 — erhöhte sich der Anteil der Frauen im Grossen Stadtrat von 20% auf 27,5%
[69].
Bei den Wahlen für die Luzerner Exekutive wurden die bisherigen Stadträte der FDP und der CVP bestätigt. Umstritten war der parteilose Bisherige Bruno Heutschy, dem die CVP wegen seiner unglaubwürdigen Umweltschutzpolitik die Unterstützung versagte und gegen den sowohl das Grüne Bündnis (GB) als auch die Unabhängige Frauenliste (UFL) mit Kampfkandidaturen antraten. Er verpasste das absolute Mehr ebenso wie der Nachfolger für den SP-Sitz, Werner Schnieper. Beide wurden schliesslich in stiller Wahl als gewählt erklärt, nachdem die übrigen Kandidierenden auf einen zweiten Wahlgang verzichtet hatten
[70].
[66] Wahlen vom 12.4.87: Suisse, 13.4.87, 18.4.87 (PdA); Presse vom 14.4.87. Wahlkampf: JdG, 19.2.87; Suisse, 25.2.87. Wahldossiers zu den Parteien: JdG, 27.3., 28.3., 30.3.4.4. und 6.4.87.
[67] Wahlen vom 10.5.87: Presse vom 11.5.87. Analysen: Suisse, 22.6.87; JdG, 23.6.87. Wahlkampf: JdG, 17.1.87 (GPS), 21.1. und 15.4.87 (LP), 28.4.87 (Wahlaufruf der Entente genevoise); Suisse, 9.2. und 28.3.87 (Ketterer), 17.4. und 22.4.87 (Diskussion um rot-grüne Einheitsliste), 23.4.87. Verteilung der Departemente: JdG, 26.5. und 2.6.87; Suisse, 3.6.87.
[68] Ausschlaggebend für die hohe Mobilisierung der SP-Wählerschaft dürfte der gleichzeitig stattfindende 2. Wahlgang für den Regierungsrat des Kantons Luzern gewesen sein: Die Sozialdemokraten hatten sich gegen die als unzumutbar empfundene Einmischung der Bürgerlichen in die Wahl des SP-Kandidaten zur Wehr zu setzen und gingen zahlreicher als sonst zur Urne (siehe oben, Wahlen in kantonale Regierungen).
[69] Wahlen vom 14.6.87: LNN, 15.6.87; Vat., 15. und 16.6.87. Wahlkampf: LNN, 30.5. und 6.6.87; NZZ, 9.6.87; Vat., 12.6.87.
[70] Wahlen vom 14.6.87: LNN und Vat., 15.6.87, 17.6.87 (Verzichte auf 2. Wahlgang), 23.6.87 (stille Wahl). Wahlkampf: LNN, 9.9.86 und 12.1.87 (SP), 28.4.87 (CVP), 6.6.87 (Heutschy); Vat., 24.4.87 (UFL), 1.5.87 (GB), 5.5.87. Verteilung der Direktionen: LNN, 25.6.87; Vat., 2.7.87. Siehe auch R. Bussmann, Die Luzerner Stadtratswahlen, 1832-1984, Luzern 1987.
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