Année politique Suisse 1987 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt / Umweltpolitik
Die
Brandkatastrophe im Sandoz-Chemielager in Schweizerhalle vom November 1986 hatte klargemacht, dass die Schutzvorkehrungen bei Anlagen mit erhöhtem Risiko lückenhaft sind. Zur Verhinderung ähnlicher Katastrophen müssen daher vorsorgliche Massnahmen getroffen und rechtliche Lücken, die auf die ungenügende Konkretisierung von Artikel 10 des Umweltschutzgesetzes (Katastrophenschutz) zurückzuführen sind, geschlossen werden. Kurz nach dem Chemiegrossbrand hatten Vertreter aller Parteien eine ganze Reihe von Motionen und weiteren parlamentarischen Vorstössen eingereicht, welche Fragen der Information und Auskunftspflicht, Vorschriften über umweltgefährdende Stoffe, Produktionsbeschränkungen, den Katastrophenschutz, die Aufsicht des Bundes sowie Probleme der Haftpflicht und des Strafrechts betrafen. Der Bundesrat lehnte jedoch verbindliche Aufträge ab, und das Parlament überwies alle im Zusammenhang mit "Schweizerhalle" eingereichten Vorstösse nur in der unverbindlichen Form von Postulaten
[5].
Zur eingehenden Abklärung der verschiedenen Forderungen setzte der Bundesrat eine Expertenkommission ein und erteilte ihr den Auftrag, eine
Störfall-Verordnung auszuarbeiten. Diese Verordnung über die Vorsorge und Abwehr von Katastrophen soll die Pflichten der Betreiber von Anlagen mit besonderen Gefahren mittels Selbstkontrolle und Informationspflicht verstärken und transparenter machen sowie die behördliche Aufsicht wirksamer gestalten. Im Sinne einer klaren Abgrenzung der Kompetenzen wird es Aufgabe des Bundes sein, in Absprache mit den Kantonen die Rahmenbedingungen für die Risikoanalyse festzulegen. Die Risikoanalyse selbst und die Bewältigung von Schadenereignissen werden Sache der Kantone bleiben, wobei geprüft wird, ob der Bund in gewissen Bereichen wie Alarmierung und Information Koordinationsaufgaben übernehmen soll. Die Frage der Schaffung eines Chemieinspektorats oder einer eidgenössischen Sicherheitskommission wurde bis zum Vorliegen der Thesen der Expertenkommission zurückgestellt. Bereits im Berichtsjahr genehmigte das Parlament die Unterzeichnung eines Abkommens mit der BRD und Frankreich über gegenseitige Hilfeleistung bei Katastrophen und schweren Unglücksfällen
[6].
Während des Sommers wurden verschiedene Landesteile — insbesondere das Urnerland — von
Unwetterkatastrophen heimgesucht, die zu verheerenden Schäden führten. So wurden allein die Kosten für Reparaturen an Strassen auf rund 420 Mio Fr. geschätzt. Die Ausgaben für die Wiederinstandstellungsarbeiten überstiegen in vielen Fällen die finanziellen Kapazitäten der betroffenen Kantone und Gemeinden. Aus diesem Grund beantragte der Bundesrat dem Parlament, die bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten auszuschöpfen und die maximalen Subventionssätze zu gewähren. Darüber hinaus unterc breitete er einen einmaligen Kredit in der Höhe von maximal 56 Mio Fr. zur Deckung der Restkosten
[7].
[5] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 499 ff., 519 ff. und 1433 f.; Amtl. Bull. StR, 1987, S. 82 ff. Zu "Schweizerhalle" siehe SPJ, 1986, S. 139 f. Schadenbilanzen: Presse vom 7.1., 26.9., 30.10. und 31.10.87; BaZ, 6.2. und 18.2.87; Ww, 13.3. und 3.12.87; BZ, 19.5. und 6.6.87.
[6] Störfall-Verordnung: Gesch.ber., 1987, S. 109 f.; BUS-Bulletin, 1987, Nr. 1, S. 1 ff.; BaZ, 21.2. und 15.9.87; NZZ, 22.1. und 15.4.87. Abkommen: vgl. oben, Teil I, 6a (Energie nucléaire).
[7] Unwetter: Presse vom 2.-8.7., 19.7., 20.7., 25.8. und 26.8.87; Gesch.ber., 1987, S. 394 f.; vgl. insbesondere auch die Chronologie und Darstellung der Ereignisse in der Botschaft des BR: BBl, 1988, I, S. 181 ff. Siehe auch TW, 21.7.87; NZZ, 5.12.87; Schweizer Naturschutz, 1987, Nr. 7/8, S. 26 f. sowie die von der CVP-Fraktion eingereichte Motion betreffend langfristige Vorbeugemassnahmen gegen Unwetterschäden (Verhandl. B.vers., 1987, III, S. 31).
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