Année politique Suisse 1987 : Infrastruktur und Lebensraum / Erhaltung der Umwelt / Luftreinhaltung
Auf den 1. Oktober traten weitere Massnahmen zur Reduktion der Schadstoffemissionen des Motorfahrzeugverkehrs in Kraft. Für neu immatrikulierte Personenwagen gelten nun die strengen US-83-Normen, die den Einbau von Katalysatoren unumgänglich machen. Ebenfalls auf diesen Zeitpunkt wurden
verschärfte Abgasvorschriften für schwere Motorfahrzeuge und Motorräder wirksam. Nach einer Studie des BUS werden die bisher beschlossenen Massnahmen im Privatverkehr die Luftverschmutzung bis zum Jahr 2000 wesentlich reduzieren. Das vom Bundesrat gesetzte Minimalziel, den Schadstoffausstoss auf den Stand von 1960 zu reduzieren, wird bei den Stickoxiden aber bei weitem nicht erreicht werden, was vor allem dem Schwerverkehr anzulasten ist. Eine von der Vereinigung der Automobil-Importeure in Auftrag gegebene Studie über die Emissionen des Nutzverkehrs von 1950 bis 2000 kam zu optimistischeren Resultaten. Allerdings ging sie davon aus, dass in der Schweiz für den Schwerverkehr die strengen amerikanischen Vorschriften vollumfänglich übernommen würden. Ob und wann die US-Normen eingeführt werden, ist jedoch noch offen, da diese Bestimmungen weit über die für 1990 gep2lanten Abgasvorschriften hinausgehen
[22].
Das EJPD schickte zwei Verordnungsentwürfe in die Vernehmlassung betreffend die
weitere Reduktion der Schadstoffgrenzwerte für schwere Motorfahrzeuge und Motorräder auf Oktober 1990. Als erstes Land in Europa will die Schweiz in die Abgasnormen für Dieselfahrzeuge auch die Russteilchen einbeziehen und Partikelvorschriften erlassen. Die vorgesehenen Grenzwerte für Motorräder sind nur noch mit Katalysatoren zu erreichen. Für Mitte der 90er Jahre plant der Bundesrat eine nochmalige Verschärfung der Abgasnormen, die für den Schwerverkehr eine gleich strenge Regelung wie in den USA bringen und für Motorräder einen etwa gleichwertigen Abgasentgiftungsstandard erreichen soll, wie er für Personenwagen mit Katalysator gilt. Nach einer weiteren – vom EJPD in Auftrag gegebenen – Studie sind die Schadstoffgrenzwerte der LRV in den Städten und Agglomerationen ohne restriktive Massnahmen beim Privatverkehr unerreichbar. Erwogen werden deshalb auch verkehrsbegrenzende Massnahmen, wie sie von den Umweltorganisationen, aber auch im Parlament immer wieder gefordert wurden
[23].
Um die Grenzwerte der LRV bis 1994 erreichen zu können, sind ausserordentliche Massnahmen auch im Bereich der Feuerungsanlagen nötig. Als erste Schweizer Stadt hat Zürich Sondermassnahmen beschlossen, mit denen die Stickoxidbelastung aus Feuerungsanlagen um rund einen Viertel gesenkt werden soll
[24].
Nach Ablauf der in der LRV vorgesehenen Übergangsfrist wurde der maximal zulässige
Schwefelgehalt von Heizöl "extra leicht" am 1. Juli von bisher 0,3% auf 0,2% herabgesetzt. Der Nationalrat überwies eine Motion Lanz (sp, LU), die eine weitere Reduktion auf 0,1 % verlangte, in Postulatform. Aus versorgungspolitischen Gründen stand der Bundesrat dem Anliegen skeptisch gegenüber, da Heizöl mit einem so tiefen Schwefelgehalt auf dem internationalen Markt kaum erhältlich wäre; er erklärte sich aber bereit, eine weitere Senkung des Grenzwertes in seine Abklärungen über ein zusätzliches Massnahmenpaket gegen die Luftverschmutzung einzubeziehen
[25].
Zum Problem der
Giftstoffe in der Raumluft überwies der Nationalrat eine Motion Nauer (sp, ZH) in Postulatform sowie ein Postulat Leuenberger (sp, ZH), das den Nachweis der Unschädlichkeit der in Innenräumen und an Möbeln verwendeten Stoffe durch die Produzenten verlangt
[26]. Die Vernehmlassung über eine Ergänzung der Stoffverordnung im Hinblick auf das Asbestproblem stiess auf unterschiedliches Echo. Während die Kantone den Verordnungsentwurf mehrheitlich begrüssten und allenfalls eine Verschärfung der vorgesehenen Bestimmungen wünschten, wiesen der SGB und verschiedene Umweltschutzorganisationen den Anhang "Asbest" als unannehmbar zurück, da er einseitig auf bloss wirtschaftliche Interessen von Industrie und Handel ausgerichtet sei. Vor allem verfehle er den eigentlichen Zweck, den Ersatz von Asbestprodukten durch ungefährliche Produkte zu beschleunigen. Ebenfalls gegen die vehemente Opposition der Gewerkschaften nahm das Parlament Kenntnis von einem Bericht des Bundesrates, der ein internationales Übereinkommen über die Sicherheit bei der Verwendung von Asbest aus rechtlichen Gründen zur Ablehnung empfahl. Die schweizerische Gesetzgebung entspricht den strengen Anforderungen des Vertragswerks nicht in allen Teilen, weil sie bei der Anwendung der Schutzmassnahmen auch die wirtschaftliche Tragbarkeit berücksichtigt
[27].
[22] Verordnungen über die Abgasemissionen leichter Motorwagen (FAV 1), schwerer Motorwagen (FAV 2) und von Motorrädern (FAV 3): BZ, 17.9.87; NZZ, 29.9.87; vgl. SPJ, 1985, S. 108 f. und 128 sowie 1986, S. 120 f. und 143. BUS-Studie: Schadstoffemissionen des privaten Strassenverkehrs 1950-2000, Bern 1986; Presse vom 14.1.87; SHZ, 15.1.87; NZZ, 19.1.87; LNN, 24.1.87; BUS-Bulletin, 1987, Nr. 1, S. 21 ff. Studie der Auto-Importeure: Ww, 5.3.87; BZ, 18.9.87; TA, 14.10.87.
[23] Vernehmlassung (Verschärfung von FAV 2 und 3): Suisse, 11.7.87; BaZ und TA, 15.8.87; SGU-Bulletin, 1987, Nr. 4, S. 17. Bundesrat: vgl. Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1871. EJPD-Studie: BZ, 23.12.87; vgl. Lit. Siehe auch die anlässlich der Debatte über das Luftreinhalte-Konzept geforderten Massnahmen im Zusammenhang mit dem Verkehr (vgl. oben) sowie weitere diesbezügliche Vorstösse (Amtl. Bull. NR, 1987, S. 981 ff., 1442 f., 1445 und 1463 f.). Siehe ferner oben, Teil I, 6b (Strassenverkehr).
[24] NZZ und TA, 4.11.87. Zur Luftverschmutzung durch Heizungen vgl. Ww, 2.4. und 8.10.87; NZZ, 14.5.87; SZ, 12.10.87; siehe auch die anlässlich der Debatte über das Luftreinhalte-Konzept behandelten Forderungen nach Reduktion der Emissionen aus Feuerungsanlagen (Amtl. Bull. NR, 1987, S. 261 ff. und 300 ff.) sowie das Postulat Lüchinger (fdp, ZH) zum selben Thema (Verhandl. B.vers., 1987, III, S. 72).
[25] Schwefelgehalt: SGT, 16.2.87; Bund und NZZ, 1.7.87; vgl. SPJ, 1985, S. 128. Motion Lanz: Amtl. Bull. NR, 1987, S. 979 f.; vgl. Verhandl. B.vers., 1987, III, S. 68 (Motion Jaeger).
[26] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 507 f. und 523. Zu den sogenannten Wohngiften siehe die diesem Thema gewidmete Nr. 1/1987 des SGU-Bulletins; BZ, 5.1. und 16.1.87; TA, 13.1.87; Brückenbauer, 21.1.87; NZZ, 4.8.87; SHZ, 6.8.87; sowie die Postulate Nabholz (fdp, ZH) und Wiederkehr (Idu, ZH) (Verhandl. B.vers., 1987, IV, S. 76 und 96); vgl. ferner SPJ, 1986, S. 142.
[27] Anhang "Asbest": BüZ, 13.2.87; 24 Heures, 26.2.87; Bund und SZ, 4.3.87; vgl. SPJ, 1985, S. 127. Asbest-Übereinkommen (Nr. 162) der Internationalen Arbeitsorganisation, IAO: BBl, 1987, II, S. 1336 ff. (Bericht des BR); Amtl. Bull. StR, 1987, S. 430 ff.; Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1817 ff.; Lib., 22.8.87; BaZ, 22.8, 28.8. und 9.12.87; Presse vom 18.12.87. Zum Stand der Sanierung von Bauten mit Spritzasbest siehe Gesch.ber., 1987, S. 80; vgl. SPJ, 1985, S. 127 und 1986, S. 142 (Anm. 11).
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