Année politique Suisse 1987 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Medienpolitische Grundfragen
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Offizielle Informationstätigkeit und Pressefreiheit
Die Unfälle von Tschernobyl, Schweizerhalle und Creys-Malville hatten in den letzten Jahren das Problem einer effizienten Information der Bevölkerung in Krisenlagen dringlich werden lassen. Die konkreten Massnahmen, die jetzt ergriffen wurden, sind oben in den Kapiteln 6 a (Energie) und 6 d (Umwelt) beschrieben. Insgesamt lässt sich festhalten, dass der Bund und die betroffenen Kantone Basel und Genf nützliche Vorkehrungen getroffen haben, dass die übrigen Kantone in dieser Hinsicht hingegen wenig unternommen haben. Immerhin hielt aber die seit 1977 bestehende Schweizerische Informationskonferenz öffentlicher Verwaltungen (SIKOV) ein Seminar über das Verhalten in ausserordentlichen Lagen ab und setzte eine Spezialkommission ein, welche ein Koordinationsmodell für Informations-Beauftragte entwerfen soll [4].
Ein anderes Problem stellt die Grenze zwischen dem Informationsauftrag und der Propagandatätigkeit der Behörden bei Abstimmungen dar. Diese Frage war akut geworden, nachdem sich der Bundesrat 1986 mit grossem Aufwand für den Beitritt der Schweiz zur UNO eingesetzt hatte. Die Finanzdelegation des Nationalrates stellte nun fest, dass dieses Engagement eine Ungeschicklichkeit des Bundesrates darstelle und dieser leicht über die Grenze des Tolerierbaren hinausgegangen sei. Auch das Bundesgericht stellte im Zusammenhang mit einer Klage gegen den Regierungsrat des Kantons Uri fest, dass die Behörde nur bei triftigen Gründen über die offizielle Informationstätigkeit hinaus in den Abstimmungskampf eingreifen dürfe. Ein solcher Grund könnte zum Béispiel das Kursieren offensichtlich falscher Tatsachen sein [5].
Konfliktträchtig bleibt auch der Umgang der Medienschaffenden mit als geheim klassierten Informationen sowie deren Pflicht, die Namen ihrer Informanten preiszugeben. Mehrere Anklagen, vor allem seitens des EMD, führten auch 1987 zu Verurteilungen von Journalisten. Im EJPD wurde unterdessen aber vorgeschlagen, den Artikel über die Geheimhaltungspflicht im Strafgesetzbuch ersatzlos zu streichen und in der Verordnung die Klassifizierungsgründe einzuschränken, um den Zugang zu Informationen zu vereinheitlichen. Der Bundesrat bekundete im Zusammenhang mit zwei aus dem Jahr 1982 stammenden Motionen auch seinen Willen, die Revision der presserechtlichen Bestimmungen im StGB mit derjenigen der allgemeinen Bestimmungen des StGB zusammenzulegen [6].
 
[4] Vgl. Lit. Pfister; SIKOV: NZZ, 27.3. und 9.9.87.
[5] NZZ, 13.4.87; NZZ, 24 Heures und TA, 5.5.87.
[6] Prozesse gegen Journalisten: JdG, 29.4.87; TA, 19.6., 27.6. und 22.8.87; 24 Heures und NZZ, 17.10.87; vgl. auch BaZ, 25.3. und 2.4.87. Revision StGB: NZZ, 3.7.87; SZ, 12.8.87. Zu den Motionen Binder (cvp, AG) und Jelmini (cvp, TI) vgl. SPJ, 1982, S. 158.