Année politique Suisse 1987 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Presse
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Pressekonzentration
Angst vor einer übermässigen Pressekonzentration löste der Verleger Jean Frey mit der Absicht aus, seine Verlags-Gruppe zu verkaufen, da sich dafür die beiden grössten schweizerischen Printmedien-Verlage, Ringier und Tages-Anzeiger, interessierten. Den Zuschlag erhielt schliesslich aber die Omni-Holding des Industriellen und Financiers W.K. Rey, der sich mit dem drittgrössten Verlagshaus ("Weltwoche", "Bilanz", "Sport", "Leader", Fachzeitschriften, Kinobetriebe und Druckereien) ein branchenfremdes Unternehmen aneignete. Befürchtungen, der Verlag sei zu einem Spekulationsobjekt geworden, versuchte Rey nach dem Kauf zu zerstreuen, indem er betonte, sein Engagement sei durchaus längerfristig gedacht. Trotzdem wurde mit diesem Handel das Bewusstsein darüber gestärkt, dass die Zeiten der idealistischen Verleger, die sich mit ihrem Produkt identifizieren, vorbei sind, und dass auch die Medien zu Gütern geworden sind, die primär dem Gesetz der Wirtschaftlichkeit zu folgen haben [8].
Am hartnäckigsten gegen dieses Gesetz wehrt sich noch die linke Parteipresse, allerdings mit unterschiedlichem Erfolg. So führten etwa die Veränderungen innerhalb der POCH, die sich vermehrt auf grünalternative Ziele ausrichten, zu einem Rückgang der Abonnenten und in der Folge zur Auflösung de "POCH-Zeitung". Nicht besser erging es den SP-Zeitungen "Schwyzer Demokrat" und "Freier Aargauer", die ihr Erscheinen ebenfalls einstellen mussten, letzere nach einem kurzen Versuch des Zusammengehens mit der "Solothurner AZ". Knapp an einem Einstellungsbeschluss kam die "Berner Tagwacht" vorbei, die nun von den Redaktoren übernommen wurde und neu als linke Forumszeitung erscheint. Die vier Ostschweizer Arbeiterzeitungen "Schafthauser AZ", "Winterthurer AZ", "Ostschweizer AZ" und "Volksrecht" entschieden sich derweilen, ab 1988 einen gemeinsamen Mantel mit dem In- und Auslandteil zu produzieren, um die einzelnen Redaktionen zu entlasten [9].
Weniger mit wirtschaftlichen, sondern mit inhaltlichen Problemen befassten sich die Träger der katholischen Blätter "Vaterland" und "Giornale del Popolo". Die Aktionäre des "Vaterland" verweigerten dem Verwaltungsrat die Déchargeerteilung wegen einer schlechten Geschäftsführung (nach einem "totalen Zerwürfnis" mit dem Verlagsdirektor hatte der Chefredaktor H. Schlapp gekündigt) und wünschten sich wieder eine nähere Bindung ihrer Zeitung an die CVP. Im Tessin kündigte Bischof E. Corecco dem Chefredaktor des "Giornale del Popolo", S. Toppi, um den Zeitungskurs vermehrt seinen integristischen kirchlichen Positionen angleichen zu können. Mit diesem zog dann aber die halbe Belegschaft aus der Redaktion aus, worauf er mit dem "Quotidiano" eine neue Zeitung gründete [10].
 
[8] L'Hebdo, 23.7.87; Klartext, 7/1987, Nr. 4; Presse vom 20.8.87; Ww, 27.8.87. Eine Interpellation Schüle (fdp, SH) bezüglich einer Verletzung des Kartellrechts wurde nach dem Verkauf an Rey wieder zurückgezogen (BaZ, 20.6.87; TA, 1.7.87; NZZ, 4.7.87; Verhandl. B.vers., 1987, 111, S. 97 f.). Die Nobel-Zeitschrift "Leader" wurde von Rey mangels Rentabilität im Erscheinen eingestellt (Ww, 26.11.87).
[9] POCH-Zeitung: NZZ und Vr, 30.10.87. Freier Aargauer: NZZ, 9.4., 11.4. und 18.12.87; Vr, 10.4., 15.4., 30.4. und 17.12.87; Schwyzer Demokrat: LNN und Vat., 20.11. und 21.11.87; Vr, 17.12.87. Berner Tagwacht: TW, 27.3.87; BZ und Bund, 28.3.87; Presse vom 12.9.87; TW, 18.12.87. Ostschweizer AZ: SN, 5.11.87. Als Ersatz für den "Schwyzer Demokrat" planen Linkskreise ein Monatsmagazin; in Nidwalden musste derweilen aber auch das linksalternative "Bockshorn" das Erscheinen einstellen (vgl. LNN und Vat., 4.12.87).
[10] Vaterland: LNN, NZZ und TA, 2.2.87; BZ, NZZ, TA und Vat., 15.5.87; Ww, 21.5.87; BaZ und Vat., 23.5.87. Giornale del Popolo und Quotidiano: Presse vom 13.3., 27.5. und 19.11.87; Ww, 26.3.87; TA, 12.6.87. Allgemein zur Identitätssuche der "C-Presse" vgl. TA, 14.5.87 und Ww, 21.5.87.