Année politique Suisse 1988 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
Schweizerische Volkspartei (SVP)
Wegen der Ende 1987 erfolgten Wahl von Parteipräsident Adolf Ogi in den Bundesrat musste die Schweizerische Volkspartei (SVP) für dieses Amt einen Nachfolger suchen. Die Suche gestaltete sich nicht leicht, da mehrere in Frage kommende Politiker sich nicht für eine Kandidatur zu Verfügung stellten. Dies galt insbesondere für die beiden Nationalräte Blocher (ZH) und Rychen (BE), welche als Exponenten des konservativen resp. des liberalen Parteiflügels gelten. Als einzigen Bewerber präsentierte die Parteileitung den 55jährigen Thurgauer Landwirt und Ständerat
Hans Uhlmann, der sich selbst in der Parteimitte einordnet. Die Delegiertenversammlung wählte ihn am 23. Januar in Bern ohne Gegenstimmen zum neuen Parteipräsidenten. Uhlmann erklärte, dass er die Strategie der Öffnung seiner Partei für neue Wählerschichten weiterführen wolle. Die SVP werde sich insbesondere bemühen, für Angehörige des Gewerkschaftsflügels der SP, welche sich von der Politik dieser Partei nicht mehr angesprochen fühlen, eine neue Heimat zu bieten
[27].
Dass die SVP dabei allerdings nicht daran denkt, sich in Zukunft die Forderungen der Gewerkschaften zu eigen zu machen, zeigte die Beschlussfassung der Delegierten zur Arbeitszeitverkürzungsinitiative des SGB (223:0 für die Nein-Parole) mit aller Deutlichkeit
[28].
Die Parolen der SVP für die eidgenössischen Volksabstimmungen fielen allesamt negativ aus. Auch die Vorlage für eine Koordinierte Verkehrspolitik (KVP), welche aus dem von den SVP-Bundesräten Schlumpf und Ogi geleiteten EVED stammte, fand bei der gesamtschweizerischen Partei keine Unterstützung. Diese Ablehnung erregte um so mehr Aufsehen, als sich anfangs 1987 – anlässlich der Festlegung der Programmschwerpunkte vor den Nationalratswahlen – die Delegiertenversammlung für die rasche Realisierung einer Verkehrspolitik im Sinne der KVP ausgesprochen hatte. Der Entscheid für die vom Parteivorstand beantragte Nein-Parole fiel mit 97:74 Stimmen allerdings recht knapp aus; die Hälfte der Kantonalsektionen, darunter diejenigen von Bern, Graubünden und Thurgau, hielten sich denn auch nicht daran, sondern empfahlen die KVP zur Annahme
[29].
Bei den kantonalen Wahlen kämpfte die SVP mit unterschiedlichem Erfolg. In Schwyz sowie in den Städten Bern und Biel – wo sie nicht zu den grossen Parteien zählt – konnte sie ihre Wähleranteile ausbauen. In ihren Hochburgen Schaffhausen und Thurgau erlitt sie demgegenüber Einbussen, welche sicher zum Teil mit dem erstmaligen Auftreten der Auto-Partei zu erklären sind. Da aber die_andern bürgerlichen Parteien ebenfalls Wähler an die Auto-Partei verloren, konnte die SVP im Thurgau ihre Stellung als grösste Partei behaupten und in Schaffhausen dem Freisinn die Rolle als stärkste bürgerliche Partei abspenstig machen
[30].
[27] Bund, 9.1.88; Presse vom 25.1.88.
[29] Presse vom 25.4.88, SVPja, 6, 8.6.88, S. 4 ff.; Schwerpunkte '87 der Schweizerischen Volkspartei (SVP), Bern 1987, S. 42. Vgl. auch oben, Teil I, 6b (Generelle Verkehrspolitik).
[30] Siehe dazu oben, Teil I, Kap. 1e.
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