Année politique Suisse 1988 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Verbände und übrige Interessenorganisationen / Arbeitnehmer
print
Mitgliederbewegung
Die Zahl der Mitglieder des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes (SGB) sank im Berichtsjahr um 617 (-0,1%) auf 442 020. Dieser leichte Rückgang war ausschliesslich auf die Entwicklung bei den männlichen Organisierten zurückzuführen; die Zahl der weiblichen Mitglieder erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um 1 441 (+2,6%) auf 56 090, was einem Anteil von 12,7% entspricht. Besonders attraktiv schien für die Frauen der SMUV zu sein, stieg hier doch die Zahl der Gewerkschafterinnen um 1 043 (+8,0%) an. Dieser Zuwachs reichte allerdings nicht aus, um den nach wie vor starken Rückgang bei den männlichen SMUV-Mitgliedern (-2 301 resp. -2,2%) zu kompensieren. Die PTT-Union, welche mit Demonstrationen und anderen Aktionen für Lohnzulagen und bessere Arbeitsbedingungen gekämpft hatte, verzeichnete unter den dem SGB angeschlossenen Verbänden den absolut stärksten Zuwachs. Die grösste Einzelgewerkschaft blieb mit 118 981 Mitgliedern (+0,3%) die Gewerkschaft Bau und Holz. Die 338 Mitglieder zählende Vereinigung des schweizerischen Flugsicherungspersonals (VSFP) stiess als sechzehnter Verband zum SGB. Diese neue Gewerkschaft war im Zusammenhang mit der Entflechtung der Radio Schweiz AG entstanden, deren Personal bisher im ebenfalls dem SGB angeschlossenen Verband Schweizerischer Telefon- und Telegrafenbeamter organisiert gewesen war [25].
Von der Verlagerung der Arbeitsplätze vom 2. zum 3. Sektor und innerhalb des 2. Sektors von den Fabrikhallen und Werkstätten in die Büros ist der Schweizerische Metall- und Uhrenarbeitnehmerverband (SMUV) in besonderem Ausmass betroffen. Er erwartet jedoch von der im Berichtsjahr abgeschlossenen neuen Vereinbarung in der Maschinenindustrie (Friedensvertrag) positive Auswirkungen auf seine Mitgliederwerbung. Dieser Gesamtarbeitsvertrag ist zum erstenmal als Einheitsvertrag konzipiert, was bedeutet, dass sich sein Geltungsbereich auf die Beschäftigten sowohl des Werkstatt- als auch des Bürobereichs erstreckt. Obwohl an diesem Vertrag auch die Angestelltenverbände als Vertreter des Büropersonals beteiligt sind, erhofft sich der SMUV von der Neuerung eine Ausdehnung des Rekrutierungsfeldes. Zudem erlaubt sie ihm, auch für diejenigen Mitglieder zuständig zu bleiben, die in den Betrieben vom Produktions- in den Planungs- und Entwicklungsbereich gewechselt haben [26].
Der Christlichnationale Gewerkschaftsbund (CNG) konnte wie bereits im Vorjahr einen Mitgliederzuwachs verzeichnen; er betrug 1345 Personen (+1,3%) und führte zu einem Bestand von 108 798. Diese Entwicklung hatte ihre Ursache in der äusserst erfolgreichen Mitgliederwerbung des Christlichen Holz- und Bauarbeiterverbandes, der seinen Bestand innert Jahresfrist um 5130 Personen (+13,1°/o) erhöhen konnte. Dieser Zuwachs reichte aus, um den Aderlass, der durch den Austritt der Westschweizer Sektionen der Verbände des Christlichen Staats- und Gemeindepersonals resp. der Christlichen Angestellten entstanden war, auszugleichen. Diese Sektionen hatten sich der autonomen gewerkschaftlichen Vereinigung Confédération romande du travail (CRT) angeschlossen. Diese in der Deutschschweiz praktisch unbekannte Organisation gibt es seit 1972; sie ist vor allem im Tertiärsektor tätig (wo sie auch einige Gesamtarbeitsverträge mitunterzeichnet hat) und zählt rund 5000 Mitglieder [27].
Die in der Vereinigung schweizerischer Angestelltenverbände (VSA) zusammengeschlossenen Organisationen bekundeten Mühe, ihre Mitgliederbestände zu halten. Der Bestand des Schweizerischen Kaufmännischen Verbands stagnierte bei 77 172, und gesamthaft reduzierte sich die Mitgliederzahl um 790 auf 146 450 (-0,5%), wovon 38 826 oder 26,5% Frauen sind. Auch dem Bankpersonalverband, dem stärksten unter den nicht dem VSA angehörenden Angestelltenverbände, gelang es nicht, aus den Veränderungen der Erwerbsstruktur Profit zu schlagen. Seine Mitgliederzahl bildete sich im Berichtsjahr um 400 auf 26 555 zurück und lag damit — trotz einer Zunahme der in diesem Bereich Beschäftigten um eut 15% — nur um 1,5% höher als 1985 [28].
 
[25] H. Anderegg, "Mitgliederentwicklung der schweizerischen Gewerkschaften im Jahr 1988", in Gewerkschaftliche Rundschau, 81/1989, S. 83 ff. Vgl. auch H. Schäppi, "Mobilisierung hat Vorrang", in Diskussion, 1988, Nr. 6, S. 4 ff. sowie SPJ 1987, S. 313.
[26] NZZ, 4.7.88; SMUV-Zeitung, 6.7. und 3.8.88. Vgl. auch Bilanz, 1988, Nr. 5, S. 67 ff.; B. Bollinger, "Hat die Zukunft des SMUV Geschichte?", in Diskussion, 1988, Nr. 6, S. 26 f. sowie oben, Teil I, 7a (Conventions collectives de travail).
[27] H. Anderegg, a.a.O., S. 83 ff. Zur CRT siehe Diskussion, 1988, Nr. 6, S. 29 f.
[28] H. Anderegg, a.a.O., S. 83 ff.