Année politique Suisse 1988 : Grundlagen der Staatsordnung / Föderativer Aufbau / Territoriale Fragen
Die Befürworter eines Kantonswechsels des bernischen Amtsbezirks
Laufen zu Baselland konnten am 20. Dezember einen grossen Erfolg verzeichnen: Das Bundesgericht hiess ihre Beschwerde gegen die Abstimmung vom 11. September 1983, in welcher sich die Stimmberechtigten mit 4675 zu 3575 Stimmen für den Verbleib im Kanton Bern entschieden hatten, gut. Gemäss dem Urteil hatte damals die Berner Regierung mit ihrer versteckten finanziellen Unterstützung der Berntreuen im Umfang von rund 330 000 Fr. auf unstatthafte Weise in die Kampagne eingegriffen. Dass diese Zahlungen im Geheimen und ohne ausreichende gesetzliche Grundlage vorgenommen worden waren, bezeichnete das Gericht als besonders verwerflich. Die Berner Regierung nahm das Urteil zur Kenntnis und stellte eine möglichst rasche Wiederholung des Plebiszits über einen allfälligen Kantonswechsel des Laufentals in Aussicht
[8].
Dieses Urteil gab auch denjenigen neue Hoffnung, welche sich für den
Anschluss der bernisch gebliebenen südjurassischen Bezirke an den Kanton Jura einsetzen. Auch sie hatten nach der Aufdeckung der finanziellen Unterstützung von Berntreuen durch die Berner Regierung Beanstandungen gegen die Plebiszite von 1974 und 1975 angemeldet. Die Ausgangslage ist hier insofern komplizierter als im Laufental, weil das Ergebnis dieser Abstimmungen nicht zur Beibehaltung des Status quo, sondern zur Gründung des Kantons Jura geführt hatte. Konkret hatte die Regierung des Kantons Jura am 14. November 1985 verlangt, dass der Bundesrat die von der Berner Regierung vorgenommenen Zahlungen untersuche und bei allfälligen Unregelmässigkeiten die betroffenen Abstimmungen annuliere und neu ansetze. Die Landesregierung hatte sich als nicht zuständig erklärt und das Gesuch an das Bundesgericht überwiesen. Die jurassische Regierung hatte jedoch auf der Zuständigkeit des Bundesrates insistiert und zu diesem Zweck an das Parlament appelliert. Dieses bestätigte nun aus formalen Gründen den Entscheid des Bundesrates. Erst wenn sich das Bundesgericht als ebenfalls nicht zuständig erklären würde, könnte die Bundesversammlung als Aufsichtsorgan entscheiden, von welcher Instanz die Eingabe zu behandeln sei
[9].
Im Kanton Jura belebte das Rassemblement jurassien den Kampf um die Wiedervereinigung aller französischsprachigen Bezirke des ehemaligen Fürstbistums Basel unter dem Dach des Kantons
Jura mit der Idee einer
kantonalen Volksinitiative. Diese wurde nach abklärenden Gesprächen mit allen kantonalen Parteien am 25. November lanciert. Sie verlangt in Form einer nichtformulierten Gesetzesinitiative; dass die Wiedervereinigung zu einem der Hauptziele der Politik von Regierung und Parlament erklärt werden. Obwohl dies im Initiativtext nicht erwähnt ist, fordert das Begehren eine Ausführungsgesetzgebung zu dem seinerzeit von der Bundesversammlung nicht gewährleisteten Wiedervereinigungsartikel 138 der jurassischen Kantonsverfassung
[10].
[8] Presse vom 21.12.88. Siehe auch SPJ 1983, S. 29 f., 1985, S. 29 f., 1986, S 27 und 1987, S. 37. Zur Aufdeckung der Zahlungen aus den sogenannten Schwarzen Kassen siehe SPJ 1985, S. 19 f.
[9] Amtl. Bull. NR, 1988, S. 616 ff.; Amtl. Bull. StR, 1988, S. 551 ff.; NZZ, 21.12.88; Suisse, 21.12.88. Vgl. auch SPJ 1987, S. 36 f.
[10] Jura libre, 15.9., 10.11. und 17.11.88; Dém., 15.9.88. Vgl. auch die Berichterstattung über die "Fête du peuple" vom 11.9. in Delsberg, wo die Idee einer Volksinitiative von der Versammlung gutgeheissen worden ist (Presse vom 12.9.88). Das jurassische Initiativrecht lässt nur nichtformulierte Gesetzesinitiativen zu (C. Moser, Die Gesetzgebungsverfahren der Kantone, Bern 1985, S. 47).
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