Année politique Suisse 1988 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Konjunkturlage
In der Schweiz verstärkte sich das Wirtschaftswachstum ebenfalls wieder. Das reale
Bruttoinlandprodukt nahm mit einer geschätzten Wachstumsrate von 3,0% jedoch etwas weniger stark zu als in den meisten andern Industrieländern. Der Aufschwung war breiter abgestützt als im Vorjahr, indem nun nicht mehr ausschliesslich die Binnennachfrage den Wachstumsmotor bildete, sondern auch die Exporte deutlich anzogen. Die Investitionen stellten mit einer Zunahme um 5,8% weiterhin die am relativ schnellsten wachsende Komponente der Gesamtnachfrage dar. Die Wachstumsbeiträge des Konsums der privaten Haushalte sowie der laufenden Käufe des Staates und der Sozialversicherungen blieben demgegenüber mit Steigerungsraten von 2,3% resp. 3,2% relativ gering. Der lebhaften Nachfrage des Auslands nach schweizerischen Gütern stand eine noch grössere Zunahme der Importe gegenüber, so dass sich das Defizit der Handelsbilanz massiv ausweitete. Da sich zudem der Überschuss aus dem Dienstleistungsverkehr verminderte, reduzierte sich gemäss ersten Schätzungen der Saldo der Ertragsbilanz um 1,7 Mrd auf 9,1 Mrd Fr.
[6].
Die
Beschäftigung nahm 1988 im Jahresmittel um 1,2% zu. Neben dem Dienstleistungssektor trug auch das Baugewerbe spürbar zum Wachstum bei; im industriellen Bereich stagnierte hingegen die Beschäftigtenzahl. Dass die Zuwachsrate bei den Frauen mit 2,0% erneut höher ausfiel als bei den Männern (0,8%), deutet auf den ausgetrockneten Arbeitsmarkt hin. Per Saldo rekrutierten sich die zusätzlich Beschäftigten wiederum aus ausländischen Erwerbstätigen. Die Zahl der ganz oder teilweise Arbeitslosen reduzierte sich im Jahresmittel auf 22 249, womit sich die Arbeitslosenquote von 0,8 auf 0,7% verringerte
[7].
Der Index der industriellen
Produktion erhöhte sich massiv um 6%. Als einziger Wirtschaftszweig musste die Bekleidungsbranche einen Einbruch in Kauf nehmen (-8%). Das grösste Wachstum wies die Chemie mit 13% auf; die Maschinenindustrie konnte die Stagnation des Vorjahres überwinden und steigerte die Produktion um 8%. Die Investitionsbereitschaft blieb mit einer Zunahme der realen Anlageinvestitionen um 5,8% weiterhin hoch, wenn auch die Zuwachsraten der beiden vorangegangenen Jahre nicht ganz erreicht werden konnten. Die Bautätigkeit nahm weiterhin zu und beim Auftragsbestand ergab sich gar eine zweistellige Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr (16%)
[8].
Der Fremdenverkehr profitierte relativ wenig von der guten Wirtschaftslage. Die Anzahl der Logiernächte bildete sich um 1,4% zurück und die Totaleinnahmen aus dem
Tourismus wuchsen mit 1,8% weniger stark an als die Teuerung. Ausschlaggebend für diese Entwicklung war der starke Rückgang der Reisenden aus nichteuropäischen Ländern, was mit dem Wertverlust des Dollars nach dem Börsenkrach vom Herbst 1987 in Verbindung gebracht wurde
[9].
Die
Teuerung beschleunigte sich im Berichtsjahr leicht, konnte aber, gemessen an der grossen wirtschaftlichen Nachfrage, noch recht gut unter Kontrolle gehalten werden. Der Index der Konsumentenpreise stieg im Jahresdurchschnitt um 1,9%. Diese Teuerung war wiederum weitgehend auf die Entwicklung bei den inländischen Gütern zurückzuführen (+2,6%); das Preisniveau der ausländischen Güter blieb demgegenüber unverändert. Zum erstenmal seit 1985 stiegen die Grosshandelspreise wieder an (2,3%). Dieser Preisauftrieb verstärkte sich in der zweiten Jahreshälfte und erfasste sowohl die inländischen Güter als auch die Importe
[10].
[6] SNB, Geschäftsbericht, 81/1988, S. 21 ff.; Die schweizerische Konjunktur im Jahre 1988 und Vorschau auf 1989. 316. Mitteilung der Kommission für Konjunkturfragen, Bern 1988, S. 8 ff. Für die Wirtschaftsdaten siehe insbes. die Seiten *1 ff. in der amtlichen Zeitschrift Die Volkswirtschaft, 62/1989, Nr. 1 ff. Zur Aussenwirtschaft siehe oben, Teil I, 2.
[7] Die Volkswirtschaft, 62/1989, Nr. 6, S. *8 ff. Zum Arbeitsmarkt siehe unten, Teil I, 7a (Marché du travail).
[8] Die Volkswirtschaft, 62/1988, Nr. 6, S. *4 (Investitionen), S. *19 (Produktion) und S. *38 (Baugewerbe). Zur Entwicklung der einzelnen Branchen vgl. auch Schweizerische Bankgesellschaft, Branchenspiegel der Schweizer Wirtschaft 1988/89, Zürich 1989.
[9] Die Volkswirtschaft, 62/1988, Nr. 6, S. *42. Siehe auch Die Volkswirtschaft, 62/1988, Nr. 7, S. 35 ff. und unten, Strukturpolitik.
[10] SNB, Geschäftsbericht, 81/1988, S. 26; Die Volkswirtschaft, 62/1988, Nr. 6, S. *15 ff.
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