Année politique Suisse 1988 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft / Raumplanung
Der Ende 1987 vom Bundesrat verabschiedete "
Raumplanungsbericht 1987", welcher eine Standortbestimmung nach acht Jahren Raumplanungsgesetz des Bundes vornimmt, wurde von beiden Räten diskutiert und zur Kenntnis genommen. Während der Ständerat viel Verständnis für die Vollzugsschwierigkeiten zeigte und allgemein für eine eher largere Bewilligungspraxis plädierte, fielen die Stellungnahmen in der grösseren Kammer erwartungsgemäss unterschiedlich aus. Bundesrätin Kopp führte die Verzögerung bei den kantonalen Richtplänen auf den demokratischen Prozess in den Kantonen zurück, welcher mehr Zeit als erwartet benötigt habe. Überraschend überwies der Nationalrat mit Unterstützung des zuständigen Exekutivmitglieds ein Postulat der links-grünen Kommissionsminderheit für griffigere Kompetenzen des Bundes. Darin werden Massnahmen zur Eindämmung eines weitergehenden Kulturlandverlustes, eine verpflichtende Regelung des Vorteils- und Lastenausgleichs in bezug auf Planungsmehr- oder -minderwerte als bundesrechtliche Norm und eine präzisere Umschreibung der in der Nutzungsplanung zulässigen Zonen vorgeschlagen
[2].
Die 8.
Europäische Konferenz der Raumordnungsminister (CEMAT), eine Fachministerkonferenz der Europaratsstaaten, fand zum ersten Mal in der Schweiz (Lausanne) statt und war dem Problem der Bodennutzung gewidmet. Im Mittelpunkt stand das von der schweizerischen Delegation vorgelegte Dokument zum Thema "Haushälterische Nutzung des Bodens – Grundlagen und Grenzen unserer Entwicklung", welches den Zusammenhang von Bodenschutz und Bodennutzung aufzeigt und den Einbezug von ökologischen Gesichtspunkten fordert. Diese Postulate wurden als aktuelle Zielsetzungen anerkannt; in ihrer Schlussresolution bekannte sich die Konferenz zu einer Raumordnungspolitik, welche sowohl im ländlichen als auch im städtischen Bereich zu einem sparsamen und schonenden Gebrauch des Bodens führen soll. Dieser Ausgang der Konferenz wurde als Erfolg der schweizerischen Delegation gewertet, weil in vielen Mitgliedstaaten Raumordnungspolitik bislang hauptsächlich in der Förderung zurückgebliebener Landesteile bestand und Umwelt- und Bodenschutz noch keine Rolle spielten
[3].
Eine Studie im Rahmen des vom Bundesamt für Raumplanung entwickelten Programms "Raumbeobachtung Schweiz" untersuchte systematisch die
Landschaftsveränderungen zwischen 1973 und 1982 und kam zum Schluss, dass diese wegen ihres schleichenden Charakters vielfach gar nicht wahrgenommen würden. Die Bilanz sei jedoch für die naturnahen Landschaften überall negativ; auffallend sei insbesondere der Rückgang der landschaftlichen Vielfalt im Mittelland. In den Agglomerationsräumen, im Mittelland und im Berggebiet wurden im untersuchten Zeitraum zum Beispiel 1355 Hektaren überbaut, 732 Hektaren Obstbaumflächen gerodet, 80 km Bäche eingedolt, 557 km überörtliche und 2524 km örtliche Erschliessungsstrassen sowie 496 Brücken gebaut und 2879 neue Gebäude ausserhalb des Siedlungsgebietes bewilligt. Die Resultate der Studie unterstützen den Einbezug ökologischer Zielsetzungen in die Leitsätze für eine künftige Raumordnungspolitik
[4].
[2] Amtl. Bull. StR, 1988, S. 28 ff.; Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1325 ff.; Presse vom 3.3. und 4.10.88; vgl. SPJ 1987, S. 157 f. Als Postulat überwiesen wurde die Motion Nebiker (svp, BL) für eine bessere Ausnutzung der vorhandenen Bausubstanz; vgl. Amtl. Bull. NR, 1988, S. 1351.
[3] NZZ und 24 Heures, 20.-22.10.88.
[4] Bund, 3.5.88; vgl. auch Lit. Koeppel / Zeh und Elsasser / Trachsler.
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