Année politique Suisse 1988 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
Während unter dem vier Jahre dauernden Präsidium von O. Reck von insgesamt 77 abschliessend behandelten Klagen lediglich zwei gutgeheissen worden waren, stellte die Unabhängige Beschwerdeinstanz für Radio und Fernsehen (UBI) im Jahre 1988 unter ihrem neuen Präsidenten J.P. Müller gleich vier Konzessionsverletzungen fest. Das Bundesgericht gab ausserdem einem Rekurs statt und betrachtete die Sendung des Westschweizer Fernsehens über eine Volksabstimmung, die sich gegen die Errichtung einer Hochspannungsleitung durch die Côte richtete, als einseitig. Trotzdem habe sich, so Müller, die Situation entkrampft, und die neuen Entscheidungen seien von den Medienschaffenden nicht beanstandet worden. Müller löste jedoch eine Kontroverse mit der Schweizerischen Fernseh- und Radiovereinigung (SFRV, bzw. "Hofer-Club") aus, als er deren "Medienanalysen" als Werke bezeichnete, die die verfassungsmässige Ordnung in Frage stellten. Der Professor für Staatsrecht begründete seine Ansicht damit, dass die "Medienanalysen" einen offiziösen Charakter erhalten, wenn sie, wie geschehen, von einer Gruppe von 22 bürgerlichen Parlamentariern unterstützt werden. Dadurch urteile eine offiziöse Instanz über Sendungen, welche eigentlich auf Klagen hin die verfassungsmässige UBI begutachten müsste. Die SFRV stellte sich auf den Standpunkt, dass es allen Bürgern, und somit auch einer Parlamentariergruppe, zustehe, Sendungen der SRG – um die es ausschliesslich geht – zu begutachten und zu kritisieren
[28].
[28] Presse vom 30.1.88 (Jahresbericht 1987); NZZ und TA, 26.1.89 (Rückschau auf 1988); JdG, Suisse und 24 Heures, 26.11.88 (Bundesgerichtsentscheid). Kontroverse: TA, 29.1. und 18.3.88; NZZ, 23.3.88 (Kritik an Müller); J.P. Müller, "Aufgabe, Grenzen und Selbstverständnis eines Verfassungsorgans", in NZZ, 16.6.88; die FDP hielt die Kritik an Müller aufrecht (AT, 11.7.88). Ein Postulat Graf(svp, ZH) verlangt vom BR eine Prüfung der Praxis der UBI, wurde aber noch nicht behandelt; vgl. Amtl. Bull. NR, 1988, S. 916.