Année politique Suisse 1989 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
 
Liberale Partei (LPS)
Die Liberale Partei der Schweiz hielt ihre Delegiertenversammlung am 22. April in Neuenburg ab. Dabei bildeten die Parolenfassung zur Kleinbauerninitiative und die Wahl eines neuen Zentralpräsidenten die Schwerpunkte. Wie erwartet wurde zur Initiative die Nein-Parole gefasst; auf Gilbert Coutau (GE) folgte als neuer Präsident Claude Bonnard (VD), alt-Nationalrat und ehemaliger Staatsrat. Der neue Präsident setzte sich für die Einführung der Mehrwertsteuer ein und erklärte auch, die Liberalen seien bereit, Konzessionen im Bereich der Lockerung oder Aufhebung der 28 Tonnen-Limite für Lastwagen einzugehen. Zu Vizepräsidenten wurden Nationalrat Jeanneret (NE) und Grossrätin Simonius (BS) gewählt [29].
Am Kongress in Montreux zu den Bodenrechtsbeschlüssen bekräftigten die Sprecher ihre liberale Doktrin, wonach staatliche Eingriffe in den Boden- und Liegenschaftsmarkt bloss kontraproduktiv seien. Die Krise auf dem Wohnungsmarkt widerspiegle den "Konkurs des Verwaltungssozialismus". Als Massnahmen gegen die Ungleichgewichte von Angebot und Nachfrage auf dem Immobilienmarkt schlugen die Liberalen eine degressive Steuer auf Immobiliengewinnen vor; als flankierende Massnahmen bezeichneten sie die Förderung von Wohnungseigentum in Form von Steuererleichterungen, eine Liberalisierung von administrativen Prozeduren und eine offenere Handhabung des Raumplanungsgesetzes [30].
Im übrigen empfahl die LPS die GSoA-Initiative zur Ablehnung und die Initiative Tempo 130/100 zur Annahme. Bei letzerer gab allerdings die einzige starke Deutschschweizer Kantonalpartei, Basel-Stadt, die Nein-Parole aus [31].
Gesamtschweizerisch konnte sich die LPS weiter festigen; neben den Kantonen Genf, Waadt, Neuenburg, Basel-Stadt und Wallis existieren auch Parteien in Baselland, Zürich und Bern, die aber noch nicht über den Status von Kantonalsektionen verfügen [32]. Im neugewählten Walliser Grossen Rat sind die 1988 gegründeten Liberalen mit zwei Sitzen vertreten. In Genf gewannen sie drei Sitze dazu und konnten sich damit knapp vor der SP als stärkste Partei behaupten. Auch im Lausanner Stadtparlament verbesserten sie sich um zwei Mandate. Hingegen verloren sie in Neuenburg bei den kantonalen Wahlen gleich vier Sitze; da die Verluste der FDP aber noch grösser ausfielen, blieben sie die stärkste bürgerliche Partei [33].
 
[29] Express und LM, 22.4.89; Presse vom 24.4.89.
[30] JdG, 24 Heures und NZZ, 2.10.89.
[31] JdG, 26.6.89 (Armee); BaZ, 20.10.89; JdG, 24 Heures und NZZ, 6.11.89 (Tempo).
[32] Zur Ende 1988 gegründeten LP Zürich siehe BaZ, 3.2.89; NZZ, 10.4.89. Siehe auch SPJ 1988, S. 322.
[33] Siehe oben, Teil I, 1e.