Année politique Suisse 1989 : Wirtschaft / Geld, Währung und Kredit / Banken
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Geldwäscherei und Fluchtgelder
Wie an anderer Stelle ausgeführt, wurde die Schaffung von Rechtsmitteln zur Bekämpfung der Geldwäscherei rasch vorangetrieben. Im Sommer veröffentlichte der Bundesrat seine Botschaft und bereits in der Dezembersession stimmte der Nationalrat dem neuen Gesetz zu. Die neuen Bestimmungen sehen insbesondere vor, dass der Kern der Standesregeln der Banken über die Sorgfaltspflicht bei der Entgegennahme von Geldern in das Strafrecht übernommen wird [12].
Derweilen setzte der Schweizerische Anwaltsverband seinen Protest gegen diese Standesregeln der Banken fort, ohne jedoch einen Erfolg zu verzeichnen. Die Vorschrift, dass die Anwälte bei Aufträgen von Dritten nur dann den Namen des Berechtigten gegenüber der Bank verschweigen dürfen, wenn ihr Mandat nicht zur Hauptsache der Vermögensverwaltung für den Klienten dient, wurde von ihm als nicht akzeptable Beschränkung der beruflichen Aktivitäten bezeichnet. Es zeigte sich allerdings, dass nicht alle Anwälte hinter den Forderungen ihres Interessenverbandes standen. Die Appenzeller und Schaffhauser Kantonalsektionen distanzierten sich öffentlich davon und kritisierten den Dachverband, die ungerechtfertigten Anliegen "einiger weniger Geschäftsanwälte" zu vertreten [13].
Gerade die verschärfte Sorgfaltspflichtregelung der schweizerischen Banken hat dazu geführt, dass das Fürstentum Liechtenstein für Umgehungsgeschäfte attraktiver geworden ist. Einige Anwälte, die den neuen Auflagen nicht Folge leisten wollten, haben offenbar ihre Geschäftsbeziehungen zu Schweizer Banken sistiert und die ihnen zur Verwaltung überlassenen Gelder im Nachbarland plaziert. Bundesrat Stich gab deshalb bei der Bankenkommission eine diesbezügliche Untersuchung in Auftrag. Im Nationalrat erkundigte sich Moritz Leuenberger (sp, ZH) beim Bundesrat mit einer Einfachen Anfrage nach den Möglichkeiten, Druck auszuüben, um zu verhindern, dass in der Schweiz nicht mehr tolerierte Geschäfte über Liechtenstein — das als Währung den Schweizer Franken verwendet — abgewickelt werden [14]. Liechtensteins Regierung reagierte auf diese Entwicklung und vereinbarte mit den Banken die Einführung einer Sorgfaltspflichtregelung. Diese geht freilich weniger weit als die schweizerische, indem die Anwälte die Namen ihrer Klienten weiterhin verschweigen dürfen [15].
 
[12] Siehe dazu oben, Teil I, 1b (Strafrecht). Vgl. auch EBK, Jahresbericht 1989, S. 25 ff. Zur Untersuchung der Bankenkommission über die Geldwäscherei im Rahmen der sog. Libanon-Connection siehe Presse vom 12.4.89 und EBK, Jahresbericht 1989, S. 22 ff.
[13] NZZ, 1.3.89; TA, 5.4.89. Kritik: NZZ, 6.6.89. Vgl. auch SPJ 1988, S. 101 f.
[14] TA, 24.4.89 (Stich); Amtl. Bull. NR, 1989, S. 661 ff. (Leuenberger).
[15] NZZ, 30.8.89; SHZ, 5.10.89 (H. Bodenmann).