Année politique Suisse 1989 : Allgemeine Chronik / Öffentliche Finanzen / Einnahmenordnung
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Bundesgesetz über direkte Steuern (DBG)
Das Bundesgesetz über direkte Steuern , (DBG) bildet zusammen mit dem Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG) eine Einheit, die von den eidgenössischen Räten gleichzeitig behandelt werden sollte; Grundlagen der beiden Vorlagen sind der Verfassungsartikel 42 auinqules aus dem Jahre 1977 und die Botschaft und die Gesetzesentwürfe des Bundesrates vom 25. Mai 1983. Auf dieser Basis soll die bis anhin geltende Steuerhoheit der Kantone relativiert werden, was für viele Parlamentarier namentlich aus der Ost- und Innerschweiz und auch für die Mehrzahl der kantonalen Finanzdirektoren einen Stein des Anstosses bedeutet. Die parlamentarische Behandlung dauert nun schon sieben Jahre und konnte auch im Berichtsjahr nicht abgeschlossen werden. Immerhin gelang es, eine Reihe von untergeordneten Differenzen auszuräumen. Im Hauptstreitpunkt, der zeitlichen Bemessung sowohl der direkten Bundessteuern wie auch der direkten Steuern in Kantonen, konnte aber noch keine gemeinsame Lösung gefunden werden [4].
In der Sondersession im Februar hielt der Nationalrat bei der Behandlung des Steuerharmonisierungsgesetzes mit 86:78 Stimmen an der Einführung der jährlichen Gegenwartsbesteuerung fest und auch in der Sommersession entschied er sich mit 86 zu 84 Stimmen für diese namentlich von Bundesrat Stich und den Fraktionen der SP, der Grünen und des Landesrings unterstützte Neuerung [5].
Wenig später schlug der Vorsteher des Finanzdepartements massive Steuererleichterungen bei der direkten Bundessteuer für jene Kantone mit jährlicher Veranlagung und Gegenwartsbesteuerung vor; das Steuergeschenk sollte 30% oder maximal 2000 Fr. pro Person betragen. Der Rabatt würde vorerst für acht Jahre gewährt. Dieser sofort heftig kritisierte Vorschlag schien Bundesrat Stich die beste Lösung zu einer möglichst raschen freiwilligen Umstellung auf die einjährige Gegenwartsbesteuerung zu sein [6].
Eine knappe Mehrheit der Ständeratskommission, die nun wieder an der Reihe war, hatte sich noch vor Stichs Angebot für einen Kompromiss ausgesprochen. Sie schlug vor, grundsätzlich die jährliche Besteuerung einzuführen, ohne aber die Kantone sofort dazu zu zwingen. Acht Jahre nach Inkrafttreten dieser Bestimmung müsste der Bundesrat dem Parlament einen Bericht unterbreiten. Falls die Hälfte der Kantone von sich aus die jährliche Veranlagung eingeführt hätte, müsste er darin Antrag auf einen obligatorischen Wechsel stellen. Die Kommissionsmehrheit stimmte auch einer Ausgleichszahlung zugunsten der Steuerzahler zu, berechnet auf der Grundlage der Steuerdifferenzen, welche sich bei den verschiedenen Berechnungssystemen ergeben [7].
Der Ständerat hielt aber in der Herbstsession mit 21:12 Stimmen an seinem früheren Beschluss für eine zweijährige Vergangenheitsbesteuerung fest. Als Entgegenkommen gegenüber den Befürwortern einer einjährigen Veranlagungsperiode beliess er den Kantonen jedoch die Kompetenz, eine einjährige Veranlagung einzuführen. Der Vorschlag von Bundesrat Stich, den Übergang zur jährlichen Veranlagung mit Steuerrabatten zu erleichtern, wurde als "Lockvogel" tituliert und hatte im Rat, namentlich wegen des darin erwähnten Maximalbetrags, in dieser Form keine Chance. Das Prinzip des Ausgleichs der Mehrbelastung, welche die Umstellung auf die einjährige Periode bringt, fand allerdings Zustimmung [8].
Die Nationalratskommission machte in der Folge einen weiteren kleinen Schritt zur Verständigung. Sie beschloss, am Grundsatz der einjährigen Veranlagung mit Gegenwartsbemessung festzuhalten, möchte aber den Kantonen die Möglichkeit einräumen, die zweijährige Veranlagung mit Vergangenheitsbemessungbeizubehalten [9].
Auch bei der zweiten wichtigen Differenz zwischen den beiden Räten, nämlich der Besteuerung von juristischen Personen, konnte im Berichtsjahr keine Lösung gefunden werden. Zuerst hielt der Nationalrat an seinem Vorschlag für einen Proportionaltarif für die Gewinnsteuer von Aktiengesellschaften von 8% und einer Kapitalsteuer von 0,8 Promille fest. In der Herbstsession beharrte der Ständerat auf seiner Lösung, welche einen nach Höhe des Eigenkapitals differenzierten Dreistufentarif vorsieht [10].
 
[4] SPJ 1988, S. 119 f. Vgl. auch Bund, 30.1.89; SHZ, 28.9.89. Allgemein zur Steuerbelastung siehe "Die schweizerische Steuerbelastung im internationalen Vergleich", in Die Volkswirtschaft, 62/1989, Nr. 8, S. 20 ff.
[5] Amtl. Bull. NR, 1989, S. 13 ff. und 725 ff. Presse vom 1.2., 2.2. und 7.6.89.
[6] Presse vom 31.8.89.
[7] NZZ, 27.6., 8.7. und 27.9.89; BZ, 26.9.89.
[8] Amtl. Bull. StR, 1989, S. 561 ff. und 584 ff.; Presse vom 5.10. und 6.10.89.
[9] NZZ, 25.11.89.
[10] Amtl. Bull. NR, 1989, S. 13 ff. und 725 ff.; Amtl. Bull. StR, 1989, S. 561 ff. und 584 ff. Zu den Begründungen siehe SPJ 1988, S. 119 f. Zum Steuerharmonisierungsgesetz siehe auch unten, Finanzhaushalt der Kantone.