Année politique Suisse 1989 : Sozialpolitik / Bevölkerung und Arbeit
Schutz der Arbeitnehmer
Die Gewerkschaften werteten es als besonderen Erfolg, dass der Bundesrat anfangs Jahr die Stoffverordnung mit Bestimmungen ergänzte, nach denen bis 1995 alle Erzeugnisse, ,die das gesundheitsschädigende
Asbest enthalten, schrittweise durch unschädliche Stoffe ersetzt werden müssen, hatte doch der Kampf gegen dieses nachweislich krebserregende Material 1985 mit einer Broschüre des SGB ("Asbest und Gesundheit am Arbeitsplatz") begonnen
[31]. Die Gewerkschaften wiesen allerdings darauf hin, dass Asbest bei weitem nicht der einzige krebserregende Stoff ist, der in der Arbeitswelt Verwendung findet, und dass in gewissen Branchen – so etwa der Baubranche – die Belastung der Arbeitnehmer eher noch zunimmt. Um eine breitere Öffentlichkeit auf diese Gefährdungen aufmerksam zu machen, stellten die Gewerkschaften die diesjährigen 1. Mai-Feiern unter das Motto "Schutz und Gesundheit am Arbeitsplatz"
[32].
Zum Thema Schutz am Arbeitsplatz lancierte die Gewerkschaft Bau und Holz (GBH) eine breitangelegte Kampagne. Auf dem
Bau nahm in den letzten Jahren die Zahl der Unfälle mit 13% weit stärker zu als die Beschäftigung (+5 %); durchschnittlich verunfallt jährlich jeder dritte Arbeitnehmer. Die GBH verlangte eine Verdoppelung der Zahl der Suva-Inspektoren und eine sorgfältigere Einführung neuer Arbeitnehmer, da es sich gezeigt hatte, dass junge, unerfahrene und ausländische Arbeitnehmer am häufigsten verunfallen
[33].
Aber auch der Schweizerische Baumeisterverband (SBV) zeigte sich ob der steigenden Zahl der Unfälle besorgt und stellte ein eigenes Massnahmenpaket vor, mit dem in erster Linie Verhaltensänderungen bezweckt werden sollen; die Baumeister versprachen aber auch, den Termindruck auf Baustellen zu mindern
[34].
Weil auf Schweizer Baustellen Selbständigerwerbende nicht obligatorisch der Gesetzgebung über die Arbeitssicherheit unterstehen, musste der Bundesrat dem Parlament den Verzicht auf die Ratifikation des Übereinkommens 167 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) beantragen, welches verschiedene Bestimmungen zum Arbeitsschutz im Bauwesen enthält. Hingegen konnte die Regierung das Abkommen 168, das sicherstellen will, dass die Systeme zum Schutz vor Arbeitslosigkeit und zur Förderung der Beschäftigung aufeinander abgestimmt werden, dem Parlament zur Ratifizierung empfehlen, da dieses Abkommen auch der schweizerischen Gesetzgebung entspricht
[35].
[31] LM, 11.1.89; Suisse, 12.1.89; TW, 24.1. und 14.4.89.
[32] TW und Vr, 23.1.89; LM, 25.4.89; VO, 27.4.89; BZ, 29.4.89; Presse vom 2.5.89; Ww, 25.5.89.
[33] NZZ, Vr und TW, 11.7.89.
[34] NZZ und 24 Heures, 4.10.89.
[35] BBl, 1989, III, S. 1592 ff.; NZZ und JdG, 2.11.89.
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