Année politique Suisse 1989 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen / Flüchtlinge
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Globallösung und R-Stempel
In der Frühjahrssession behandelte der Ständerat als Erstrat die 1987 eingereichte Standesinitiative des Kantons Freiburg, welche die Bundesversammlung aufforderte, noch einmal die Möglichkeiten zu prüfen, die zu einer Globallösung für die seit mehreren Jahren in der Schweiz lebenden Asylbewerber und deren Familien führen könnten [26]. Entgegen der Meinung ihrer Petitions- und Gewährleistungskommission (PGK) beschloss die kleine Kammer knapp, der Initiative keine Folge zu geben. Sie folgte damit der Argumentation von Bundesrat Koller, für den diese Initiative zu spät kam, da der Pendenzenberg der seit mehreren Jahren hännigen Gesuche weitgehend abgebaut sei [27].
Der Gedanke einer Globallösung wurde gleichzeitig auch vom Nationalrat behandelt, der zu drei Petitionen aus Kreisen der Flüchtlingsorganisationen Stellung zu nehmen hatte. Er zeigte dabei Verständnis für mehrere Forderungen der Petenten. Die vorberatende Kommission (PGK) hatte sich noch dem Ruf nach einer Globallösung durch die Eingabe eines Postulates angeschlossen, dieses allerdings gegenüber dem Wortlaut der Petitionen etwas abgeschwächt. Mit der Argumentation Kollers im Ständerat konfrontiert, beschloss sie allerdings, ihr Postulat zurückzuziehen. Hingegen überwies der Rat ein weiteres Postulat der PGK, welches den Bundesrat einlud, die Ersetzung des ihrer Ansicht nach diskriminierenden R-Stempels in Pässen durch andere Mittel zu prüfen. Der Nationalrat überwies auch ein ähnliches Postulat Leutenegger Oberholzer (gb, BL) [28].
 
[26] Verhandl. B.vers., V, 1989, S. 18. Siehe dazu auch SPJ 1987, S. 209 f. und 1988, S. 216.
[27] Amtl. Bull. StR, 1989, S. 100 ff. Die welschen StR und die Vertreter der SP stimmten geschlossen zugunsten der Initiative, einzelne CVP-Politiker schlossen sich ihnen an (Presse vom 10.3.89). Ende August nahm hingegen die vorberatende Kommission des NR die Initiative an (Suisse, 1.9.89). Für die Regelung der nach wie vor bestehenden Härtefälle (Asylgesuche, die vor Ende 1986 eingereicht wurden) erliess die Regierung Ende Jahr in einem Kreisschreiben an alle Kantone Weisungen für eine einheitliche Behandlung (Bund und JdG, 13.1.90).
[28] Amtl. Bull. NR, 1989, S. 570 ff. (PGK) und 576 (Leutenegger).