Année politique Suisse 1989 : Sozialpolitik / Soziale Gruppen
 
Jugendliche
Beherrschendes Thema war auch dieses Jahr die parlamentarische Diskussion über die finanzielle Förderung der ausserschulischen Jugendarbeit durch den Bund. Der Ständerat zeigte sich dabei grosszügiger und offener als der Nationalrat, setzte er doch die von der Grossen Kammer auf 25 Jahre herabgesetzte Altersgrenze für den einwöchigen Jugendurlaub wieder auf 30 Jahre hinauf, um den Jugendverbänden die erfahrenen Kaderleute zu erhalten. Zudem votierte er dafür, den Katalog der subventionsberechtigten Tätigkeiten in der Jugendarbeit nicht abschliessend festzulegen. Wie der Nationalrat schränkte er den Kreis der Berechtigten aber auf Jugendliche mit leitender, beratender oder betreuender Tätigkeit ein und verzichtete auf eine Entschädigung des Erwerbsausfalls. Der Neuenburger Cavadini (1p) unterstützte die Eingabe von 43 Regierungsräten aus 20 Kantonen, welche die verfassungsmässige Grundlage der Jugendförderung bestritten hatten, und plädierte für Nichteintreten; sein Antrag wurde jedoch mit 31:3 Stimmen abgelehnt [60].
In der Herbstsession schloss sich der Nationalrat – trotz erneutem starkem Gegendruck aus Gewerbekreisen – der ständerätlichen Variante an. Damit ist die gesetzliche Grundlage für die bereits gewährte finanzielle Unterstützung der Jugendarbeit geschaffen und der unbezahlte Jugendurlaub bis zum Alter von 30 Jahren im OR verankert. Im neuen Gesetz fand ebenfalls die Eidg. Kommission für Jugendfragen als beratendes Organ des Bundes Aufnahme. Die 1989 zur Verfügung stehenden 2,2 Mio Fr. werden ab 1990 auf jährlich 3 Mio Fr. erhöht; davon profitieren in erster Linie die in den etablierten Verbänden organisierten Jugendlichen [61].
Die Eidg. Kommission für Jugendfragen konnte ihr zehnjähriges Jubiläum begehen. Anlass zum Feiern sah dabei aber niemand. Viele resignierte Stimmen waren zu hören, die beklagten, dass das zentrale Anliegen der Kommission, der Dialog zwischen den Generationen, zur Leerformel verkommen und die Kommission selber zu einer Stimme in der Wüste geworden sei. So konnte es auch nicht erstaunen, dass die beiden jüngsten Publikationen der Kommission, "Si vis pacem – para pacem/Für eine aktive Friedenspolitik" und "Fremdsein in der Schweiz", kaum Beachtung fanden. Dennoch wollten die Mitglieder der Kommission und deren scheidender Präsident, der freisinnige Genfer Regierungs- und Nationalrat Guy-Olivier Segond, nichts von einer Auflösung ihres Gremiums wissen; sie zeigten sich im Gegenteil überzeugt davon, dass ihre Lobbytätigkeit für die Jugend angesichts fehlender Freiräume, von Drogen und Wohnungsnot nötiger sei denn je [62].
 
[60] Amtl. Bull. StR, 1989, S. 377 ff. und 622; BaZ, 3.5.89; NZZ, 3.5. und 21.6.89; SGT, 6.6.89; Presse vom 23.6.89; siehe auch SPJ 1988, S. 221 f.
[61] Amtl. Bull. NR, 1989, S. 1464 f. und 1804; BBl, 1989, III, S. 906 8.; TA, 14.8.89; Presse vom 28.9.89.
[62] Vat., 13.1.89; TA, 13.1. und 17.8.89; BaZ, 22.4. und 9.12.89; Bund, 24.11.89.