Année politique Suisse 1989 : Bildung, Kultur und Medien / Medien
Presse
Die UNIVOX-Untersuchung zur Frage "Was halten die Schweizer von ihren Medien?" zeigte, dass sich die Presse gegen die elektronische Konkurrenz zu behaupten weiss: In der täglichen Nutzung rangierte sie mit 83% deutlich vor Radio (66%) und Fernsehen (55%)
[9].
Die allgemeinen Tendenzen in der Printmedienlandschaft sind allerdings schwierig auszumachen: Zwar schritt die Monopolisierung weiter voran, stiess hingegen sowohl im Falle der
Jean Frey-Gruppe, welche zu den Unternehmen Werner K. Reys gehört, als auch in demjenigen Ringiers, an bestimmte Grenzen. Rey hatte sich zuerst die Aktienmehrheit des "Walter"-Verlags einverleibt, diese im November jedoch wieder abgestossen. Im Falle Ringiers führten Aquisitionen im Ausland, Einbussen im Werbeeingang und Experimente im Magazinbereich, wie z.B. die Lancierung des Magazins "Emois" (im Dezember 1988 eingestellt) dazu, dass die Ertragserwartungen auch dieses Jahr nicht erfüllt wurden. Die Curti Medien AG versuchte ihrerseits, das einst renommierte, jetzt aber defizitär gewordene "Schweizer Frauenblatt" abzustossen. Von verschiedener Seite wurde der Wunsch geäussert, die Zeitschrift wieder in den Besitz des Bunds Schweizerischer Frauenorganisationen (BSF) zu übergeben
[10].
Die
Westschweizer Verlegergruppe Lamunière SA, die als Holding 87% der Edipresse (Tageszeitungen "24 Heures", "Le Matin", verschiedene Druckereien, Kiosk- und Buchhandelsketten in der Romandie) kontrolliert, setzte ihren Schwerpunkt im Berichtsjahr weiterhin auf die Printmedien. Laut dem Generaldirektor von Edipresse, Pierre Lamunière, will das Unternehmen noch vermehrt im europäischen Rahmen aktiv werden; der erste Schritt war bereits 1988 unternommen worden, als die Edipresse einen Anteil von 6% an der Mailänder Rizzoli Corriere della Sera (RCS) Editori erwarb. Die Genfer CI-com-Holding, welche gemessen am Umsatz nach Ringier die zweitgrösste Verlagsgruppe der Schweiz ist, will ebenfalls den Pressesektor verstärken. Im Berichtsjahr konnte sie das Radio/Fernseh-Magazin "Radio TV8" durch eine Mehrheitsbeteiligung an der Gesellschaft "Le Radio" integrieren
[11].
Aber ein auch mittelgrosses Unternehmen wie die "Berner Zeitung" (BZ) versuchte, durch Zusammenarbeit mit der Tages-Anzeiger AG Terrain zu gewinnen. Eine andere Strategie besteht in der Regionalisierung einer grösseren Tageszeitung: Ein solcher Versuch ist im Berichtsjahr Ringier mit dem "Basler Blick" allerdings misslungen. Das "Vaterland" expandierte mit Kopfblättern nach Schwyz und Zug. Marktnischen im Bereich von Wirtschaft, Tourismus und Jugend wurden auf ihre Rentabilität erprobt: Ringier lancierte im September die Wirtschaftswochenzeitung "Cash" und das Reisemagazin "Globo"; die ebenfalls neu auf den Markt gebrachten Jugendmonatsmagazine "Yeah" und "Frappant" sollen den Bereich Jugend vollständiger abdecken als das bestehende Angebot vor allem ausländischer Produkte. Die gleichzeitige Lancierung einer Volksinitiative "Freie Fahrt für Jugendliche mit SBB und PTT" durch den Herausgeber des Magazins "Yeah ", Chefredaktor Christoph Heer, wurde freilich als billiger Werbetrick kritisiert
[12].
Auf technischem Gebiet hat der Telefax als Mittel zur elektronischen, ausgedruckten Text- und Bildübermittlung enorm an Bedeutung gewonnen und wird das Telex-System langsam verdrängen
[13]. Auf personeller Ebene ist zu verzeichnen, dass der Chefredaktor der Sonntags-Zeitung, Fridolin Luchsinger, ab Juni die Chefredaktion des Blick übernahm. Ausserdem ging der langjährige Welschlandkorrespondent der NZZ, Otto Frei, im April in Pension
[14].
In der Agenturlandschaft hat sich die
Konkurrenzsituation zwischen SDA und SPK verschärft. Die SDA hatte seit 1987 unter mehreren Kündigungen durch potente Deutschschweizer Abonnenten zu leiden, denen die Leistungen der SDA im Vergleich zur SPK nicht mehr preiswert erschienen. Die SDA machte geltend, dass sie als einzige Agentur in allen drei Landessprachen einen umfassenden Nachrichtendienst unterhält. Da diese drei Dienste bisher zu praktisch identischen Preisen angeboten wurden, finanzierten die Abnehmer des auflagenstärkeren deutschsprachigen Dienstes de facto ihre Verlegerkollegen in der welschen und italienischen Schweiz. Die SDA ergriff einerseits Rationalisierungsmassnahmen, betonte aber auch, dass sie, wenn die Solidarität der Verleger untereinander nicht mehr spiele, auf einen Ausbau der staatlichen Unterstützung angewiesen sei. Der Bundesrat erklärte in seiner Antwort auf eine Interpellation Matthey (sp, NE), dass er sich vorstellen könnte, die staatspolitischen Leistungen der SDA speziell abzugelten
[15].
[10] Zu Medienkonzernen allgemein: Politik und Wirtschaft, 1989, Nr. 10, S. 154 ff. "Walter"-Verlag und W. K. Rey: Klartext, 1989, Nr. 2; NZZ, 15.6. und 30.11.89. Ringier: L'Hebdo, 13, 30.3.89; Ww, 31.8.89; Klartext, 1989, Nr. 1; Bilanz, 1989, Mai, S. 70 ff. Curti Medien: 7A, 10.3.89.
[11] Edipresse: BZ, 1.8.89. CI-com: Suisse, 22.7.89; BZ, 28.7.89.
[12] BZ-TA: TW, 19.9.8. Basler Blick: TA, 12.8.89. Kopfblätter: Bund, 1.11.89; Vat., 2.11.89. Verschiedene Marktnischen: SGT, 8.9.89; TA, 12.1., 24.7. und 24.11.89. Volksinitiative: BBl, 1989, III, S. 451 f.; TA, 1 1.9.89 sowie oben, Teil I, 1c (Volksrechte).
[14] Luchsinger: Vat., 22.3.89. Frei: JdG, 20.3.89.
[15] Presse vom 6.-8.12.89; NZZ, 21.12.89 (BR). Vgl. auch Klartext, 1989, Nr. 5 und L'Hebdo, 49, 7.12.89.
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