Année politique Suisse 1989 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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Lokale Rundfunkversuche
Mit der Verordnung über lokale Rundfunkversuche (RVO) hatte der Bundesrat 1982 den versuchsweisen Betrieb von Lokalradios erlaubt. Gleichzeitig sollte eine wissenschaftliche Begleitforschung unter Leitung des Zürcher Publizistikprofessors Ulrich Saxer durchgeführt werden. Der Schlussbericht dieser im Mai erschienenen RVO-Begleitforschung zeigte folgende Ergebnisse: Das Bedürfnis nach Lokalradios war und ist vorhanden; in der Deutschschweiz hat sich eine Stammhörerschaft von zwei Fünfteln, in der Romandie von einem Viertel ergeben. Der Erfolg und das Werbevolumen sind je nach Region sehr unterschiedlich, und die befürchtete Konkurrenzierung besonders der Lokalpresse ist weitgehend ausgeblieben. Im Bereich der lokalen Information bleiben jedoch Lücken bestehen: Einerseits werden ländliche und periphere Gebiete schlecht abgedeckt, andererseits haben die nationale und internationale Berichterstattung immer noch Priorität. Was die Zuhörerschaft betrifft, so würden vor allem eher Jugendliche und Personen aus unteren sozialen Schichten zu den Stammhörern zählen. Ansonsten stellt der Bericht nur wenig formale und inhaltliche Differenzierungsmerkmale zwischen den einzelnen Sendern fest, ausser den verschiedenen, ausgeprägten Dialekten. Im grossen und ganzen hätten die Lokalradios ihren provisorischen Charakter schon verloren, und der Versuch sei wegen seiner insgesamt positiven Entwicklung faktisch zu einem Definitivum geworden [28].
Der Bundesrat hat im Dezember neun weitere Lokalradios zu den 37 bestehenden konzessioniert: Radio Argovia, Aargauer Regionalradio, Radio 32 (Solothurn), Studio B (Schwarzbubenland, SO), Radio Sola (Langenthal, BE), Radio Svito (Schwyz), Radio Piz Corvatsch (St. Moritz, GR), Radio Rottu Oberwallis und Radio Alpin (Saas Fee, VS). Die Konzessionsgesuche von Radio Froburg (Olten, SO) und Radio Schwyz wurden aus frequenztechnischen resp. finanziellen und trägerschaftsbedingten Gründen abgewiesen. Auf einen Monat beschränkte Lokalradioversuche sind in Zürich dem "Radio Finanz und Wirtschaft" (FuW) für den November sowie "Opus Radio" für den Dezember erlaubt worden [29].
Die Politik der Subventionierung von lokalen Privatradios hat im Kanton Bern eine erste Institutionalisierung erfahren: Der Grosse Rat schuf im Rahmen des Gesetzes über die Mitwirkungsrechte des Berner Juras die rechtlichen Grundlagen für staatliche Beiträge an das zweisprachige Bieler Radio Canal 3 und an das Lokalradio für den Berner Jura [30]. Erleichterungen sind auch vom Bund in Form von Lockerungen der Werbezeitregelung zugestanden worden. In anderen Fällen konnten hingegen aus frequenztechnischen Gründen keine Ausnahmen von den RVO-Vorschriften gewährt werden, so z.B. beim Gesuch um Ausdehnung des Sendegebiets des Radios "Fréquence Jura". Hier zeigt sich deutlich das politische Problem der Aufrechterhaltung eines starken öffentlichen Senderangebots gegen Privatinteressen: In Kreisen der PTT wurde die Idee geäussert, DRS 2 in städtischen Agglomerationen nur noch über das Kabelnetz zu senden, um frequenztechnische Freiräume für andere Sender zu schaffen [31].
 
[28] Presse vom 23.5.89; Klartext, 1989, Nr. 3 (Interview mit U. Saxer); Babylon, 1989, März; SJU news, 1989, Dezember. Siehe auch Lit. Bonfadelli, Haas, Saxer und Schanne. Zur RVO vgl. SPJ 1982, S. 160 ff. und 1988, S. 253 ff.
[29] NZZ, 12.12.89. Lokalradios Zürich: TA, 19.8.89; NZZ, 28.11.89.
[30] Bund, 25.1. und 7.9.89. Vgl. unten, Teil Il, 1j.
[31] Änderung der RVO vom 19. Juni 1989: AS 1989, S. 1229 (in Kraft seit 1. Juli 1989). Fréquence Jura: Dém., Suisse und BZ vom 23.2.89. PTT: BZ, 30.3.89.