Année politique Suisse 1989 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI)
Der Bundesbeschluss über die Unabhängige Beschwerdeinstanz (UBI) von 1983 musste verlängert werden, da die neuen Bestimmungen innerhalb des RTVG erst nach 1991 in Kraft treten können. Die beiden Kammern nahmen den bundesrätlichen Vorschlag am 6. Oktober einstimmig an [36].
Die neue Regelung in der nationalrätlichen Fassung des Radio- und Fernsehgesetzes wird jedoch den Charakter der UBI verändern: Angesichts der Tatsache, dass bisher oft Beschwerden eingereicht worden sind, die nicht Konzessionsverletzungen betrafen, soll neu unterschieden werden zwischen Beschwerden und Beanstandungen. Solche Beanstandungen würden von der UBI beurteilt und, wenn ein "öffentliches Interesse am Entscheid" gegeben ist, als eigentliche Beschwerden behandelt (Art. 59, Abs. 2). Die UBI soll zudem neu untersuchungsrichterliche Kompetenzen erhalten: Sie könnte "den Beschwerdeführer, den Veranstalter, seine Mitarbeiter sowie Dritte vorladen, anhören und zur Herausgabe von Akten verpflichten" (Art. 60, Abs. 3) [37]. Das Bundesgericht hatte allerdings in einer Urteilsbegründung die UBI darauf hingewiesen, dass sie derartige Mittel bereits heute aufgrund der bestehenden Rechtslage anwenden könne [38].
Die Medienverbände kritisieren diese Beschlüsse als Verschärfung der Rolle der UBI zu einer noch machtvolleren 'Medienpolizei'. Die Tendenzen zu einer journalistischen Selbstzensur würden auf diese Weise noch verstärkt. Auch die SRG-Leitung war über die vorgesehenen Neuerungen nicht sehr erbaut: Seitdem die UBI von Jörg Paul Müller, Staatsrechtsprofessor an der Uni Bern, präsidiert werde, seien eindeutige Tendenzen zur Verrechtlichung des Medienschaffens, die eine problematische interne Fachaufsicht nach sich ziehen würden, feststellbar [39].
Es kam auch 1989 zu zahlreichen Beschwerden und Klagen an die UBI: Gegen die Sendung "limit", in der im Januar ein "Brutalo" gezeigt worden war, gegen zwei "Rundschau"-Beiträge (Chile, Zürcher Stadtrat), gegen die " Villiger "-Sendungen, gegen die "Freitagsrunde" zum Thema "Diamantfeiern" und gegen die Sendung "A bon entendeur" von TSR. Im Fall der Sendung "grell pastell" zum Thema Sex vom November 1988 bestätigte die UBI eine Beschwerde als Konzessionsverletzung [40].
 
[36] BBl, 1989, I, S. 1361 ff.; Amtl. Bull. NR, 1989, S. 1118 f. und S. 1809; Amtl.Bull. StR, 1989, S. 480 f. und S. 624; der SR wollte zuerst nur eine Verlängerung bis 1993, lenkte dann aber auf den Beschluss des NR (Verlängerung bis 1996) ein; BBl, 1989, III, S. 954 f. Siehe auch NZZ, 25.3., 24.6., 27.9. und 7.10.89.
[37] Amtl. Bull. NR, 1987, S. 1671 ff. Zur Beratung des RTVG siehe oben.
[38] NZZ, 7.2.89 (gutgeheissene Verwaltungsgerichtsbeschwerde der Energie de l'Ouest-Suisse (EOS) gegen die Ablehnung ihrer Beschwerde über die Sendungen zur Initiative "Sauvez la Côte").
[39] Klartext, 1989, Nr. 4 und Klartext extra, Sonderheft, 1989, Nr. 1 ; Babylon, 1989, Nr. 8 und Nr. 10; BaZ, 11.3.89; siehe auch TA und NZZ vom 31.3.89.
[40] "limit": BaZ, 9.1.89; NZZ, 8.2.89; vgl. auch Amtl. Bull. NR, 1989, S. 1191 f. Rundschau: AT, 13.1.89; NZZ, 22.12.89. Villiger: NZZ, 30.3. und 5.4.89; TW, 4.4.89; Info extern SRG, März 1989; 24 Heures, 24.4.89; vgl. auch oben, Offizielle Informationstätigkeit. Diamantfeiern: NZZ und TA, 17.7.89. TSR: JdG, 20.12.89. Zu "grell pastell": Bund, 14.7.89. Vgl. auch SPJ 1988, S. 254.