Année politique Suisse 1990 : / Die Gesetzgebung in den Kantonen / 1 GRUNDLAGEN DER STAATSORDNUNG - ELEMENTS DU SYSTEME POLITIQUE
APPENZELL AUSSERRHODEN: Totalrevision der Kantonsverfassung. Empfehlung des Landrats an die Landsgemeinde, der Vorlage zuzustimmen (SGT, 26.9., 30.10.90).
BERN: 1) Teilrevision der Verfassung (Variantenabstimmung). Durch die Ergänzung der bisherigen Verfassung (Artikel 100) soll die Möglichkeit geschaffen werden, über einzelne Varianten einer Vorlage vorgängig oder gleichzeitig gesondert abzustimmen; die Entscheidung, ob Varianten der Volksabstimmung zu unterbreiten seien und wenn ja, zu welchen Themen, liegt beim Grossen Rat. Vom Grossen Rat zuhanden der Volksabstimmung angenommen. In der Volksabstimmung vom 23.9. mit 76,3% der Stimmen angenommen; Stimmbeteiligung: 38,08%; Nein-Parolen von SD und AP (Bund, 14.9., 24.9.90; vgl. SPJ 1989, S. 268). – 2) Totalrevision der Staatsverfassung. Beibehaltung der bestehenden Gliederung des Kantons in Amtsbezirke; Möglichkeit der Bürger, in der Amtssprache ihrer Wahl in den für den ganzen Kanton zuständigen Behörden vorzusprechen; Verankerung des Rechts auf gleiche Schul- und Ausbildung, sowohl im staatlichen wie im privaten Bereich, für Frauen und Männer in einem Rechtsgleichheitsartikel; Festschreibung des Rechts auf gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit in der Kantonsverfassung; Verpflichtung der Gemeinden, für die Gleichstellung von Frau und Mann zu sorgen; Schutz von Ehe und Familie, ebenso wie die Gewährleistung der freien Wahl des gemeinschaftlichen Zusammenlebens; Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die Bearbeitung von Personendaten durch die Behörden in einem Datenschutzartikel auf Verfassungsstufe; Ersetzung des Verschwiegenheitsgrundsatzes in der Verwaltung durch das Offentlichkeitsprinzip; Verankerung des Grundsatzes der Unschuldsvermutung auf Verfassungsstufe; Gewährung einer besonderen Stellung für den Berner Jura; Einführung eines neuen Wahlverfahrens für die Vertretung des Berner Juras im Regierungsrat; Mitwirkung des Volkes bei wichtigen Entscheidungen des Parlaments durch die Gewährung von Teilgeneralklauseln; Verzicht auf das obligatorische Finanzreferendum, das obligatorische Referendum über die Aufnahme von Anleihen sowie die Dekretsinitiative, dafür Einführung eines Rechtsanspruchs von mindestens 70 Parlamentariern, Beschlüsse des Grossen Rates der fakultativen Volksabstimmung zu unterstellen; Ermächtigung des Regierungsrats, abschliessend über ungebundene Ausgaben entscheiden zu können; Erhöhung der Kompetenzgrenze der Regierung bei neuen Ausgaben auf 500 000 Fr. und beim Grundstückserwerb auf 1 Million; Zuständigkeit der Regierung für Grundstückskäufe zu Anlagezwecken sowie Grundstücksverkäufe; Einschränkung des Anwendungsbereichs des Dekrets, dafür Ausweitung des Verordnungsrechts des Regierungsrats; Möglichkeit des Grossen Rats, im delegierten Rechtsetzungsbereich Motionen zu überweisen; Verbot der Personalunion von Regierungsstatthalter und Gerichtspräsident. Von der vorberatenden Grossratskommission in Beratung gezogen. Auf Beschluss der Verfassungskommission des Grossen Rates soll von Mai bis Juli 1991 ein zweites öffentliches Vernehmlassungsverfahren durchgeführt werden (Bund, 30.5., 21.9., 27.10., 2.11., 7.12.90; vgl. SPJ 1988, S. 266; 1989, S. 268).
JURA: Initiative populaire "UNIR". Déclarée valable par Gouvernement et Parlement (Démn., 18.8., 15.12.90; NZZ, 15.12.90; cf. APS 1989, p 38 s. et 268).
LUZERN: Änderung des Organisationsrechts aus dem Jahre 1899 über Organisation von Regierung und Verwaltung sowie Teil-, eventuell Totalrevision der Staatsverfassung. Vom Regierungsrat in Form eines Planungsberichts dem Grossen Rat vorgelegt (LNN, 6.11.90).
SCHWYZ: Teilrevision der Kantonsverfassung. Vorberatende Kommission vom Kantonsrat bestellt (LNN, 26.10.90).
TICINO: Elaborazione di una nuova costituzione. Conclusione della procedura di consultazione (CdT, 17.11.90).
ZUG: 1) Teilrevision der Verfassung in zehn separaten Vorlagen. In Ergänzung der Vorlagedes Regierungsrats wird als zehnte Vorlage ein Verfassungsartikel über die Gleichstellung von Mann und Frau eingeführt. Vom Kantonsrat zuhanden der Volksabstimmung verabschiedet. In der Volksabstimmung vom 2.12. wird die Verfassungsbestimmung über die Volksrechte mit 65,1 %, diejenige über die Gewaltentrennung mit 86,8%, diejenige über die richterliche Gewalt und Rechtspflege mit 84,4%, diejenige über den Kantonsrat als Wahl- und Bestätigungsbehörde mit 81,9%, diejenige über die Immunität mit 59,4%, diejenige über die vorzeitige Entlassung von Beamten mit 79,7%, diejenige über die Aufhebung der obligatorischen Mobiliarversicherung mit 79,6%, diejenige über Zehnten und Grundzinse mit 89,2%, diejenige über das Notrecht mit 68,9% und diejenige über die Gleichstellung von Mann und Frau mit 86,0% der Stimmen angenommen; Stimmbeteiligung: 23,5%; Nein-Parolen bei den Artikeln über die Volksrechte und das Notrecht von SP, SGA und Gewerkschaftsbund (LNN, 27.4., 29.6., 3.12.90; Vat., 23.3., 27.4., 24.11., 3.12.90; vgl. SPJ 1989, S. 268). – 2) Stimmrechtsbeschwerde des Geschäftsführers des Zuger Stimmbürgerverbandes, Xaver Vonesch, beim Verwaltungsgericht Zug und beim Bundesgericht. Vonesch kritisiert, dass dem Zuger Stimmbürger am 2.12. insgesamt sieben Verfassungsänderungen unterbreitet werden, ohne dass ihm die Möglichkeit gegeben ist, direkt und unmittelbar zu lesen, was gestrichen und was ersetzt wird. Dem Stimmbürger seien daher die geltenden Rechtstexte vor dem Urnengang auszuhändigen. Vom Zuger Verwaltungsgericht abgelehnt (LNN, 9.11., 20.11., 27.11.90). – 3) Zwei Verfassungsinitiativen: "Entflechtungsinitiative" und "Initiative zur qualitativen Verbesserung der Volksrechte". Abschwächung des geplanten Notrechts in der neuen Zuger Kantonsverfassung durch eine "Kann-Formel"; Zulässigkeit des Dringlichkeitsrechtes, das die Verfassung ausser Kraft setzen kann, nur bei Katastrophen, kriegerischen Ereignissen und terroristischen Gewaltakten; unverzügliche Wiederinkraftsetzung der Verfassung, sobald die Voraussetzungen für ein Notrecht nicht mehr vorhanden sind, damit keine Verlängerung in einem ordentlichen Verfahren. Abhaltung einer Volksabstimmung bei jeder Verfassungsänderung, allem, was die politischen Rechte berührt und jeder von dem Kantonsrat abgelehnten Initiative; Weiterleitung von Standesinitiativen ohne Volksabstimmung, jedoch mit einer Stellungnahme des Kantonsrats innerhalb von drei Monaten und ohne dessen Stellungnahme sofort; Senkung der Zahl der Unterschriften für Volksinitiativen von 2000 auf 500; Festsetzung der nötigen Unterschriftenzahl für Bürgermotionen an den Kantonsrat auf 100. Lanciert durch den Zuger Stimmbürgerverband. Zustandekommen der beiden Initiativen mit 1030 Unterschriften (SN, 18.8.90; Vat., 27.9., 13.12.90; LNN, 9.10., 19.11., 15.12.90).
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