Année politique Suisse 1990 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
 
Kommunale Wahlen
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Winterthur
Die Wahlen in den Grossen Gemeinderat (Legislative) brachten nur geringfügige Sitzverschiebungen, wobei sich das links-grüne Lager leicht verstärken konnte. Die Sozialdemokraten, welche erstmals mit getrennten SP-Frauen- und Männerlisten sowie mit einer separaten Liste des Gewerkschaftsbundes antraten, konnten insgesamt zwei Sitzgewinne verzeichnen, wobei die Frauenliste vier, die Männerliste neun und die Gewerkschaftsliste vier Sitze erhielten. Auch die Grünen und die Auto-Partei waren erfolgreich: Die GP gewann zwei Mandate (neu fünf), die neu kandidierende "Offene Liste" erreichte einen Sitz, und auch die AP zog mit drei Vertretern erstmals ins Parlament ein. Auf der Verliererseite stand die NA, welche drei ihrer fünf Sitze hergeben musste. Von den Parteien der Mitte verloren die EVP und der LdU je einen Sitz, während die Demokratische Partei ihre zwei Mandate halten konnte. Die FDP, CVP und SVP büssten je ein Mandat ein und verfügen im 60 Mitglieder zählenden Rat noch über 22 Sitze.
Die Stadtratswahlen (Exekutive) brachten keine parteipolitischen Veränderungen. Das Resultat fiel allerdings ganz knapp zugunsten der bürgerlichen Mehrheit aus; der Herausforderer der Demokratischen Partei (DP), welche eher links-grüne und insbesondere kulturelle Anliegen vertritt, unterlag mit nur 87 Stimmen Differenz (gemäss Nachzählung). Herausragend während des Wahlkampfes war vor allem die umstrittene Werbekampagne des Kandidaten der DP, welcher vom Handelshaus Volkart unterstützt wurde, was ihm den Vorwurf einer zu starken Abhängigkeit vom Geldgeber einbrachte [22]..
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Zürich
Die grossen Gewinnerinnen der Gemeinderatswahlen (Legislative) waren die sozialdemokratische Partei, welche ihre Sitzzahl um acht auf 47 erhöhte, und die Grüne Partei, die ihre Vertretung auf zehn verdoppelte. Die SP verdankte ihre Sitzgewinne vor allem den Listenverbindungen mit kleineren Parteien und auch einem gewissen Proporzglück; ihr eigener Wähleranteil stagnierte. Zusammen mit der "Alternativen Liste Züri 1990" (vier Sitze) und der Gruppierung " Frauen macht Politik" (drei Mandate) verfügen die links-grünen Kräfte für die neue Amtsperiode über eine absolute Mehrheit von 64 von 125 Mandaten. Die Verluste im bürgerlichen Lager sind unterschiedlich ausgefallen. Einerseits konnten die FDP und die SVP zusammen ihre Sitzstärke halten; die FDP hat trotz massivem Zuwachs beim Wähleranteil zwei Sitze verloren, konnte aber immerhin den während der vergangenen Legislatur an die Auto-Partei verlorenen Sitz von Rudolf Saxer wieder zurückerobern. Die SVP erhöhte ihre Sitzzahl um ein Mandat auf sieben. Andererseits wurde die CVP-Fraktion um annähernd einen Drittel, nämlich um fünf Mitglieder, auf zwölf reduziert. Auch die Parteien der Mitte, LdU und EVP, mussten Verluste von drei resp. zwei Sitzen hinnehmen. Am rechten Rand des Parteienspektrums verlor die NA mehr als die Hälfte ihrer bisher 11 Sitze, und die Auto-Partei schaffte es mit nur 3,5% Wähleranteil nicht, ins Parlament gewählt zu werden. Die beiden gegen Ende der letzten Legislaturperiode zur AP übergelaufenen Gemeinderäte (der eine von der FDP, der andere von der CVP) konnten ihre Sitze damit nicht verteidigen.
Die sich längerfristig abzeichnenden Tendenzen auf nationaler Ebene haben sich in Zürich nicht bestätigt: Die SP hat zwar in bezug auf die Mandatszahl viel Terrain gut gemacht und näherte sich ihrem letzten Höhepunkt aus dem Jahre 1978 (50 Sitze), stagnierte aber wähleranteilmässig auf ihrem tiefen Niveau von 1986. Umgekehrt glich die FDP wähleranteilmässig die massive Einbusse von 1986 wieder aus, verlor aber weitere Sitze [23] .
Auch im Stadtrat (Exekutive) gingen die links-grünen Kräfte siegreich aus den Wahlen hervor. Für die zwei freigewordenen Sitze der SVP und des LdU wurden zwei Sozialdemokraten, Josef Estermann und Robert Neukomm, gewählt, alle übrigen Stadträte wurden bestätigt. Damit hatte Zürich zum ersten mal seit 1949 wieder eine mehrheitlich nichtbürgerliche Regierung. Zum Stadtpräsidenten wurde in einem zweiten Wahlgang Josef Estermann gewählt; der bisherige Stadtpräsident, Thomas Wagner (fdp), wurde relativ knapp geschlagen, nachdem er bei der Wahl des Stadtrates an neunter und somit letzter Position in die Exekutive gewählt worden war [24] ..
 
[22] NZZ und TA, 26.2.90.
[23] NZZ und TA, 5.3.90.
[24] Presse vom 5.3.90. 2. Wahlgang für das Stadtpräsidium: NZZ, 2.4.90. Zu Stadträtin U. Koch siehe Bilanz, 1990, Nr. 2, S. 42 ff.