Année politique Suisse 1990 : Infrastruktur und Lebensraum / Boden- und Wohnwirtschaft
 
Wohnungsbau
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Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt
Der 1989 noch leichte Rückgang der Wohnbautätigkeit in der Schweiz hat sich im Berichtsjahr verstärkt. Nach den Erhebungen des Bundesamtes für Statistik wurden 1990 insgesamt 39 984 neue Wohnungen erstellt, d.h. 721 oder 1,8% weniger als im Vorjahr. Sogar um 5,1 % abgenommen hat die Zahl der Baubewilligungen. Rückläufig war die Wohnungsproduktion 1990 vor allem in den Städten (-3,1%), aber auch in den übrigen Gemeinden (etwa -1,3%). Die fünf grossen Städte mit über 100 000 Einwohnern verzeichneten zwar zusammen einen Anstieg um 10,9%, doch war dies ausschliesslich einer regeren Wohnbautätigkeit in Basel und Genf zu verdanken.
Gebaut wurden letztes Jahr 11 200 Einfamilienhäuser, was einem Rückgang um 1150 oder 9,3% entspricht. Demgegenüber nahm die Zahl der neuerstellten Wohnungen in Mehrfamilienhäusern um 430 oder 1,5% auf rund 28 800 zu. Der Anteil der mit öffentlicher Finanzhilfe erstellten Wohnungen (2208) erhöhte sich von 4,0 auf 5,5%.
Die Zahl der Baubewilligungen für Wohnungen ging letztes Jahr um 2582 oder 5,1% auf 47 575 zurück. Bei den Einfamilienhäusern waren die Baubewilligungen um 9,5% weniger zahlreich, bei den Wohnungen in Mehrfamilienhäusern um 3,4%. Ende 1990 waren rund 51 570 Wohnungen im Bau. Das sind etwa 4000 weniger als im Vorjahr [41].
Der Leerwohnungsbestand betrug total 13 509 Einheiten; das sind 0,44% des Gesamtbestandes. Er blieb damit unter der Marke von 0,5%, welche gemäss der Botschaft des Bundesrates als Indikator für Wohnungsnot angesehen wird. Einen Leerwohnungsbestand von über 1% weist einzig das Tessin auf, während die Situation in den Agglomerationen Zürich und Basel besonders prekär ist [42].
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Gesetzliche Massnahmen
Im Zusammenhang mit der vorgesehenen Bekämpfung der Teuerung im Bereich der Hypothekarzinsen legte der Bund Massnahmen zur Förderung des Baus von preisgünstigen Wohnungen sowie der Erneuerung von Altbauten vor. Eine entsprechende Anderung der Verordnung zum Wohnbau- und Eigentumsförderungsgesetz (WEG) wurde vom EVD im Frühjahr in Vernehmlassung gegeben. Die Vorlage sieht zum einen vor, die Einkommensund Vermögensgrenzen für die à-fonds-perdu-Zuschüsse für finanziell Schwache sowie behinderte oder alte Menschen auf 42 000 bzw. 121 000 Fr. anzuheben. Für jedes minderjährige oder sich in Ausbildung befindende Kind wird die Bezugsberechtigung um weitere 14 300 Fr. erhöht. An weiteren Erhöhungen der Zusatzverbilligungen will sich der Bund beteiligen, falls Kantone und Gemeinden mindestens gleich hohe Leistungen erbringen. Dadurch soll den örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt besser Rechnung getragen werden. Zum anderen soll gemeinnütziges Wohneigentum stärker gefördert werden, um eine Konzentration des Immobilienbesitzes in den Händen von kapitalkräftigen Eigentümern zu verhindern. Zu diesem Zweck wird die Bundeshilfe für den Erwerb von Mietwohnungen durch gemeinnützige Bauträger ausgebaut und durch die Gewährung von Zusatzverbilligungen verstärkt. Da der Vorlage während der Vernehmlassung kein ernsthafter Widerstand erwachsen war, wurde sie vom Bundesrat auf den 1. Dezember in Kraft gesetzt [43].
Einen weiteren Pfeiler der Massnahmen des Bundesrates zur Eindämmung des Ansteigens der Hypothekarzinsen soll die Erhöhung der Rahmenkredite für die Wohnbau- und Eigentumsförderung bilden. Diese, so beantragte der Bundesrat den Räten im Dezember, sollten für die Zeitspanne von 1992 bis 1996 massiv, nämlich um über eine Mia Fr. heraufgesetzt werden. Damit liesse sich jährlich der Bau von 5500 Wohnungen fördern, 2000 mehr als bisher. Im einzelnen verlangt der Bundesrat einen neuen Rahmenkredit von 905 Mio Fr. für nicht rückzahlbare Beiträge. Diese werden in erster Linie wirtschaftlich schwächeren Personen als Zusatzverbilligungen zur Senkung der Mietzinse und Eigentümerlasten gewährt. Der Rahmenkredit für rückzahlbare Darlehen und Beteiligungen, aus welchem die Zuschüsse des Bundes für die Grundverbilligungen finanziert werden, soll von 65 auf 180 Mio Fr. erhöht werden. Keine Anhebung ist dagegen für den Rahmenkredit für Bürgschaften und Schuldverpflichtungen vorgesehen [44].
Neben dem Bundesrat bemühte sich auch das Parlament, durch Massnahmen im Bereich der Wohneigentumsförderung der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt gegenzusteuern. Zwei diesbezügliche sozialdemokratische Motionen — eine von Longet (GE) für die Inventarisierung und Förderung nichtspekulativer Eigentumsformen sowie eine von Rechsteiner (SG) für die Erhöhung der Kredite für die Wohnbauförderung — waren auf Antrag des Bundesrats unter Hinweis auf laufende Verfahren als Postulate überwiesen worden [45].
Mit zwei miteinander identischen parlamentarischen Initiativen waren beide Räte bereits im Sommer letzten Jahres konfrontiert worden. Die Initiativen, welche von Spoerry (fdp, ZH) im Nationalrat und von Kündig (cvp, ZG) im Ständerat eingereicht worden waren, verlangten im wesentlichen, dass in der obligatorischen und ausserobligatorischen beruflichen Vorsorge sowie in der gebundenen Selbstvorsorge angesparte Vermögen für die Altersvorsorge im Rahmen der Freizügigkeitsleistung (Säule 2a, 2b) bzw. im Rahmen des vorhandenen Sparkapitals (Säule 3a) ganz oder teilweise zur Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums zur Verfügung zu stellen seien. Vor allem die Sozialdemokraten kritisierten zwar den von den beiden parlamentarischen Initiativen beschrittenen Weg, konnten sich jedoch mit dem Ziel der Förderung selbstgenutzten Wohneigentums aus Mitteln der zweiten Säule grundsätzlich einverstanden erklären. Den Initiativen wurde denn auch in beiden Räten deutlich Folge gegeben [46].
 
[41] NZZ, 3.5.91.
[42] BBI, 1990, III, S. 408 (Wohnungsnot) und 417; Die Volkswirtschaft, 63/1990, Nr. 11, S. 49 ff.
[43] AS, 1990, S. 1851 ff. Vgl. auch NZZ, 3.4.90 und 22.11.90.
[44] BBI, 1991 I, S. 185 ff.
[45] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 286 ff. und 694 f.
[46] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 661 ff.; Amtl. Bull. StR, 1990, S. 113 ff. Siehe auch oben, Teil I, 7c (Berufliche Vorsorge) sowie SPJ 1989, S. 164 f. und 207 f.