Année politique Suisse 1990 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Gesundheitspolitik
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Medikamente
Das im Vorjahr angenommene Pharmakopöegesetz konnte nach Ablauf der Referendumsfrist in Kraft gesetzt werden. Gleichzeitig wurden mit einer Pharmakopöeverordnung einerseits die Vorschriften der Pharmakopöe erlassen und andererseits die organisatorischen und technischen Einzelheiten zum Erlass und zur Änderung der Pharmakopöe geregelt. Mit den beiden Erlassen besteht nun eine klare Rechtsgrundlage für die Übernahme der europäischen Pharmakopöevorschriften ins schweizerische Recht. In Anwendung dieser neuen Bestimmungen konnte das Supplement 1991 zur Pharmakopöe verabschiedet werden, mit welchem zahlreiche Änderungen und Ergänzungen der Europäischen Pharmakopöe übernommen wurden [14].
Nur zögerlich erfolgt der Beitritt der Kantone zum revidierten Heilmittelkonkordat. In Basel beantragte der Regierungsrat dem Grossen Rat einen befristeten Beitritt bis spätestens zum Jahr 2000, in Bern bewegte sich die vorberatende Parlamentskommission in dieselbe Richtung. In beiden Fällen wurde die Zurückhaltung damit begründet, dass in diesem Bereich eine Bundesregelung dringend notwendig wäre. Dies auch im Hinblick auf eine Annäherung an Europa, da die Schweiz als einziges westeuropäisches Land keine Medikamentenkontrollstelle mit staatlichem Charakter hat [15].
Erneut gerieten die Medikamentenpreise ins Kreuzfeuer der Kritik. Ein von der Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) publizierter internationaler Preisvergleich zeigte, dass dieselben Arzneimittel in der Schweiz durchschnittlich fast doppelt so teuer sind wie in den EG-Staaten. Die von den Herstellern vorgebrachte Rechtfertigung, wonach die allgemeinen Lebenshaltungskosten, die staatliche Preiskontrolle sowie Wechselkursschwankungen dafür verantwortlich seien, vermochte den Preisüberwacher nicht zu überzeugen. In Absprache mit dem Bundesamt für Sozialversicherung und der Interkantonalen Kontrollstelle für Heilmittel (IKS) sprach er sich dafür aus, der gesamte Medikamentenmarkt, d.h. auch die wichtigen Medikamente auf der sogenannten Spezialitätenliste, sei dem Preisüberwachungsgesetz zu unterstellen [16].
Auf Vermittlung der Kartellkommission wurde hingegen bei den Generika eine gewisse Annäherung der Positionen erzielt, insofern als die Handelsmargen der Generika etwas angehoben wurden, was dazu führen dürfte, dass vermehrt preisgünstige Nachahmerprodukte verschrieben werden [17].
Mit dem sinnvollen Einsatz von Arzneimitteln befassten sich zwei vom jeweiligen Rat als Postulat überwiesene Motionen, welche – angeregt durch eine wissenschaftliche Erhebung der "Erklärung von Bern" – ein Exportverbot für Medikamente fordern, die in der Schweiz nicht zugelassen sind, da deren Einsatz vor allem in den Ländern der Dritten Welt zumindest nicht unproblematisch sei [18].
 
[14] Gesch.ber., 1990, S. 131 und SPJ 1989, S. 193.
[15] Vr, 18.5.90; NZZ, 14.8.90; BaZ, 25.8.90 und 10.1.91; BZ, 28.11.90. Für die übrigen Kantone siehe unten, Teil II, 5h.
[16] BZ, 30.1.90; NZZ, 31.1., 5.2. und 8.2.90; DP, 22.2.90. Presse vom 21.4.90.
[17] TA, 25.1.90; BZ, 21.8.90. Siehe dazu auch SPJ 1989, S. 193.
[18] Motion Jaggi (sp, VD): Amtl. Bull. StR, 1990, S. 788 f.; SGT, 15.6.90; BZ, 3.10.90. Motion Dormann (cvp, LU): Amtl. Bull. NR, 1990, S. 1249 f.