Année politique Suisse 1990 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Presse
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Agenturen
Die 1894 von Verlegern und dem Journalistenverband gegründete Schweizerische Depeschenagentur (SDA) kämpfte im Berichtsjahr weiterhin mit finanziellen Schwierigkeiten. Trotz Rationalisierungsmassnahmen — unter anderem der Abbau von sechs Redaktorenstellen im französischsprachigen Dienst — wurde ein Defizit von mindestens einer Million Franken erwartet. Chefredaktor Oswald Sigg und der Verwaltungsrat schlugen eine höhere Abgeltung aus der Bundeskasse vor, weil die sehr teure Nachrichtenversorgung der gesamten Schweiz in drei Sprachen als eine nationale Aufgabe ausreichend honoriert werden sollte. In seiner Antwort auf zwei parlamentarische Vorstösse gab der Bundesrat bekannt, dass er die Verwaltung mit der Überprüfung der Forderungen der SDA beauftragt hat. Neben der finanziellen Krise schwelte aber auch die interne Führungskrise weiter: Chefredaktor Sigg reichte seine Kündigung ein, nachdem es ihm nicht gelungen war, eine neue Führungsstruktur gegen den Widerstand des Verwaltungsrats und der Geschäftsleitung durchzusetzen. Neuer Chefredaktor wurde der Welschwalliser Bernhard Reist [8] .
Finanzielle Engpässe führten bei den Photoagenturen im laufenden Berichtsjahr zu einer Monopolisierung, indem der Bildagenturdienst von Associated Press (AP) durch die schweizerische Keystone Press AG in einem Kooperationsvertrag übernommen wurde [9] .
Eine Bereicherung der Agenturlandschaft erfuhr die Schweiz hingegen durch die Wiedereröffnung der sowjetischen Nachrichtenagentur Novosti. Im Jahre 1983 war die Agentur auf Druck des damaligen Bundesrates Friedrich wegen Propagandatätigkeit und Verdacht auf subversive Indoktrination kurzerhand geschlossen worden. Novosti ist, im Gegensatz zur staatlichen Nachrichtenagentur Tass, das Informationsorgan von fünf sowjetischen Organisationen kultureller Ausrichtung, darunter der Journalistenunion und des Schriftstellerverbandes. Laut dem neuen Leiter, Yuri Puschkin, geniessen diese Organisationen heutzutage dank der Öffnung der Sowjetunion eine viel grössere Unabhängigkeit von Staat und Partei, wovon jetzt auch das Novosti-Büro in Bern profitiere [10].
 
[8] Amtl. Bull. NR, 1990, S. 738 und 783 f.; JdG, SHZ und BaZ, 1.2.90; TA, 9.2. und 1.9.90. Bund, 7.12.90; Klartext, 1990, Nr. 1 und 6; SJU news, 1990, März; vgl. auch SPJ 1989, S. 252 f.
[9] SN, 8.3.90; NZZ, TW, 29.8.90; Klartext, 1990, Nr. 2.
[10] AT, 10.7.90; SN, 17.8.90. Zur Schliessung siehe SPJ 1983, S. 17.