Année politique Suisse 1991 : Parteien, Verbände und Interessengruppen / Parteien
Partei der Arbeit (PdA)
Der
Zusammenbruch der kommunistischen Regimes in Osteuropa sowie die Auflösung der Sowjetunion und der KPdSU konnten entgegen den Erwartungen vieler politischer Beobachter die schweizerische kommunistische Partei, die Partei der Arbeit, nicht in ihren Grundfesten erschüttern. Im Gegenteil, die jüngere Führungsgeneration, welche vor einigen Jahren die Zügel in die Hand zu nehmen begann, äusserte sich sogar positiv zum Zusammenbruch der autoritären Staats- und Parteistrukturen in Osteuropa und der. Sowjetunion. Damit falle, laut Nationalrat Jean Spielmann (GE), das schwere Erbe des real existierenden Sozialismus und Kommunismus der Geschichte anheim. Einzelne Sektionen der PdA haben seit dem Beginn des Auflösungsprozesses des Kommunismus einen Zuwachs an Mitgliedern verzeichnen können
[63].
Die Politik der Transparenz in der Sowjetunion hatte schon im Jahre 1990 zur Folge gehabt, dass die
Parteiarchive der KOMINTERN mit zahllosen Dokumenten, die bis in die dreissiger Jahre zurückgingen, geöffnet und damit auch der wissenschaftlichen Auswertung zugänglich gemacht wurden. Jean Spielmann und Theo Pinkus hatten in Moskau Gelegenheit, Kopien von Dokumenten auf Mikrofilm anzufertigen und überliessen das Material, welches Einblicke in die Einmischung der KPdSU in die Angelegenheiten der schweizerischen Kommunistischen Partei während der dreissiger Jahre sowie Aufschluss über das Schicksal diverser schweizerischer Kommunisten im stalinistischen Russland gab, zur wissenschaftlichen Auswertung der Universität Lausanne
[64].
An zwei Parteitagen erarbeitete die Partei der Arbeit ein
neues Programm und revidierte wesentliche Elemente der Statuten, womit auch Änderungen der Bezeichnung der Parteiorgane verbunden waren. Einerseits
verschwand in den Statuten das Wort "kommunistisch", andererseits spricht das neue Parteiprogramm immer noch von der kommunistischen Gesellschaft als einer Zielvorstellung. Ebenso verschwand das in den Statuten festgehaltene Prinzip des demokratischen Zentralismus sowie die Namen von Lenin und Engels; das Zentralkomitee wurde in Parteivorstand, das Politbüro in leitenden Ausschuss und der Generalsekretär in Präsident umbenannt. Die Forderung nach Verstaatlichung von Grund und Boden wurde im Programm aufrechterhalten, eine generelle Verstaatlichung der Wirtschaft jedoch abgelehnt. Die zentralen Anliegen des Programms sind die Gleichberechtigung von Mann und Frau, Umweltschutz und mehr Solidarität mit der Dritten Welt. Die PdA sprach sich im übrigen, für ein soziales Europa aus; in der Frage des EG-Beitritts tat sich allerdings ein Graben zwischen der Welsch- und der Deutschschweiz auf
[65].
In
Basel kam es — nach dem 1988 vorgenommenen Ausschluss der Stadtbasler Sektion aus der PdA Schweiz — zu einer
Spaltung in eine "PdA — gegründet 1944", und eine zur PdA Schweiz gehörende "Neue PdA", die im übrigen bei den Nationalratswahlen mit der POB und der SP eine Listenverbindung einging
[66].
Bei den
Nationalratswahlen erreichte die Partei das Minimalziel, welches sie sich gesteckt hatte: Sie konnte ihr Genfer Mandat halten und in der Waadt einen Sitz erobern. Bei den Kommunalwahlen in Genf gelang es der PdA, vier zusätzliche Mandate und über drei Wählerprozente hinzuzugewinnen
[67].
Bei den eidgenössischen Abstimmungen stellte sich die Partei gegen die Finanzvorlage, an der vor allem die wenig konsumentenfreundliche Mehrwertsteuer und die an das Finanzpaket gekoppelte Stempelsteuerrevision kritisiert wurde
[68].
[63] BZ, 15.2.91; BaZ, 7.9.91; JdG, 9.9.91.
[65] Statuten: Vorwärts, 23.5. und 12.9.91; Presse vom 9.9.91; NZZ, 10.9.91. Programm: BZ, 15.2.91; L'Hebdo, 18.4.91; Presse vom 6.5.91; VO und Vorwärts, 9.5.91; 24 Heures, 27.8.91. Europäische Integration: Vorwärts, 8.11.91. Vgl. auch SPJ 1990, S. 337.
[66] BaZ, 7.9.91; Vorwärts, 5.9.91. Vgl. auch SPJ 1988, S. 324 f.
[67] Siehe oben, Teil I, 1e. Vgl. auch TA, 26.4.91; Vorwärts, 25.10.91; VO, 31.10.91.
[68] JdG, 9.4.91; Vorwärts, 6.6.91.
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