Année politique Suisse 1991 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Verwaltung
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Personal
Die Revision des Beamtengesetzes, welche insbesondere eine Reallohnerhöhung beinhaltet, konnte im Frühjahr abgeschlossen und auf den 1. Mai in Kraft gesetzt werden. Auch der Ständerat stimmte der im Vorjahr vom Bundesrat vorgeschlagenen und vom Nationalrat gutgeheissenen Reallohnerhöhung um 3% auf den 1. Juli zu. Hingegen wies er die Kompetenz zur Gewährung einer allfälligen weiteren 5%igen Reallohnerhöhung nicht dem Bundesrat, sondern der Bundesversammlung zu. In der Differenzbereinigung schloss sich der Nationalrat, gegen den Widerstand von Bundesrat Stich, SP und GP, in dieser Frage der kleinen Kammer an [18].
Die im Vorjahr vom Nationalrat verabschiedete Motion für eine Totalrevision des Beamtengesetzes im Sinne einer grösseren Flexibilität bei der Gestaltung der Anstellungs- und Entlöhnungsverhältnisse fand auch im Ständerat Zustimmung [19].
Obwohl der Bundesrat bereits eine entsprechende Teilrevision des Beamtengesetzes in Auftrag gegeben hatte, beschloss der Nationalrat mit der Überweisung einer parlamentarischen Initiative Allenspach (fdp, ZH), die gewünschte Flexibilisierung auch noch durch eine eigene Kommission zu konkretisieren. Die Initiative regt an, dass Spitzenfunktionäre auch auf obligationenrechtlicher Basis eingestellt werden und bei beamtenrechtlicher Anstellung mit einem qualifizierten Mehrheitsentscheid des Bundesrates wieder entlassen werden können [20].
Nach Ansicht des Nationalrats vermag die Ausgestaltung der 1983 eingeführten Stellenplafonierung, welche den seit 1974 geltenden Stellenstop in der Bundesverwaltung ersetzt hatte, nicht mehr zu befriedigen. Eine vom Nationalrat überwiesene Motion der GPK und der Finanzkommission verlangt deshalb insbesondere ein verbessertes System des Personalmanagements, welches für das Parlament präzisere Informationen zur Beurteilung von Personalbegehren liefert [21].
Nach zehnjähriger Amtszeit trat auf Ende Juni Bundeskanzler Walter Buser (sp) in den Ruhestand. Alle vier Bundesratsparteien stellten einen eigenen Kandidaten für die Nachfolge: die beiden Vizekanzler Couchepin (VS) und Casanova (TI) waren von der FDP resp. der CVP vorgeschlagen worden, der Berner Staatsschreiber Kurt Nuspliger von der SP; die SVP schickte ihren Parteisekretär Max Friedli ins Rennen. Als von keiner Fraktion vorgeschlagener Kandidat tauchte zudem der ebenfalls der SVP angehörende Generalsekretär des EVED, Fritz Mühlemann auf, der im ersten Wahlgang dreizehn Stimmen auf sich vereinigte. In einer spannenden Ausmarchung, zu der nicht weniger als sechs Durchgänge erforderlich waren, wählte die Bundesversammlung am 12. Juni Vizekanzler François Couchepin (cvp, VS) zu Busers Nachfolger. Bei einem absoluten Mehr von 117 Stimmen erhielt er im letzten Durchgang 122 Stimmen, auf seinen härtesten Konkurrenten Mühlemann entfielen deren 110. Der Sieg des als tüchtig, aber eher öffentlichkeitsscheu geltenden Wallisers wurde vor allem auf parteipolitisches Kalkül zurückgeführt: bei der Wahl eines SVP-Mitglieds wären die Sozialdemokraten aus der Spitze der Bundeskanzlei verdrängt worden [22]. Zur Nachfolgerin Couchepins als Vizebundeskanzler wählte der Bundesrat Hanna Muralt (sp). Die bisherige Leiterin des Direktionssekretariats der Bundeskanzlei ist die erste Frau in diesem Amt [23].
Rund ein Jahr vor der eingangs erwähnten Weisung zur Verbesserung der Stellung der Frauen in der allgemeinen Bundesverwaltung hatte Bundesrat Cotti für sein Departement geschlechtsspezifische und sprachliche Quotenregelungen eingeführt. Mit diesen als Sofortmassnahmen bezeichneten Weisungen soll im EDI bis Ende 1992 der Anteil der Frauen von 25% auf 30%, derjenige des französischsprachigen Personals von 17% auf 20% und derjenige der Italienischsprachigen von 7,5% auf 10% gesteigert werden [24].
 
[18] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 35 ff. und 332; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 569 ff. und 814; BBl, 1991, I, 1357 ff. Vgl. SPJ 1990, S. 39. Speziell zur Leistungslohnkomponente siehe BZ, 25.4.91; SGT, 8.7.91; NZZ, 14.8.91.
[19] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 48. Vgl. SPJ 1990, S. 39. Siehe auch 24 Heures, 18.1.91.
[20] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1589 ff. Volimer (sp, BE) hatte dieses Nachdoppeln vergeblich als parlamentarischen Leerlauf bekämpft. BR: Bund, 12.4.91; BZ, 17.4.91.
[21] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 701 ff.
[22] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1431 ff.; BaZ, 15.3.91; Presse vom 12.6. und 13.6.91. Zu Buser und Couchepin siehe auch NZZ, 29.6.91.
[23] Presse vom 15.8.91.
[24] JdG, 26.1.91. Zur Verbesserung der Position der italienischen Sprache in Parlament und Verwaltung siehe unten, Teil I, 8b (Das Verhältnis zwischen den Sprachgruppen).