Année politique Suisse 1991 : Grundlagen der Staatsordnung / Institutionen und Volksrechte / Parlament
Der Bundesrat blieb bei seiner ablehnenden Haltung zum
Vorschlag der GPK für die Bildung einer annähernd mit den Kompetenzen einer parlamentarischen Untersuchungskommission ausgestatteten Delegation. Das Recht dieser Delegation, die Offenlegung aller Akten auch gegen den Willen des Bundesrates durchzusetzen, würde seiner Meinung nach den Meinungsbildungsprozess der Regierung und ihre Stellung dem Parlament gegenüber zu sehr beeinträchtigen. Dem ursprünglichen Anliegen der Puk EJPD, die Oberaufsicht über die Bundesanwaltschaft zu verbessern, widersetzte sich der Bundesrat nicht. Er möchte aber, dass diese Aufgabe, wie von einer parlamentarischen Initiative der Puk EMD vorgeschlagen, durch eine spezielle Kommission der beiden Räte wahrgenommen wird. Bezüglich dieser als Sicherheitsdelegation bezeichneten Spezialkommission brachte er gegenüber dem Puk-Vorschlag zwei Einwände an: erstens müsse im Bereich der Nachrichtendienste die Anonymität der Quellen gewährleistet bleiben und zweitens sollte die Delegation nicht mehr als sechs Mitglieder umfassen
[39].
Das Parlament trug den Einwänden des Bundesrats nur in bezug auf die Delegationsgrösse und einen Teil der Kompetenzen, nicht aber in bezug auf den Aufgabenbereich Rechnung. Der Ständerat beschloss die Bildung einer ständigen aus je drei Mitgliedern der Geschäftsprüfungskommissionen der beiden Räte gebildeten
Geschäftsprüfungsdelegation. Diese hat erstens den
Dauerauftrag, die Tätigkeit im Bereich des Staatsschutzes und der Nachrichtendienste zu überwachen. Zweitens können ihr mit qualifiziertem Mehr (2/3) beider Geschäftsprüfungskommissionen Aufträge zur näheren Untersuchung konkreter Fragen in anderen Verwaltungsbereichen erteilt werden. Im Rahmen dieser Aufgaben sollen Beamte nicht nur als Auskunftspersonen, sondern auch als Zeugen befragt und zur Herausgabe von Akten verpflichtet werden können. Den Bedenken des Bundesrats im Hinblick auf sein Funktionieren als Kollegialbehörde und seine freie Meinungsbildung wurde insofern Rechnung getragen, als auf Einsicht in Akten hängiger Geschäfte, die seiner unmittelbaren Meinungsbildung dienen, verzichtet wurde
[40].
Der Nationalrat wollte noch einen Schritt weiter gehen. Er beschloss gegen den Widerstand von Bundesrat Koller, auch die
Kompetenzen der GPK auszuweiten und das Recht des Bundesrates, die Akteneinsicht zu verweigern, auf bestimmte Fälle (als geheim klassierte Akten, Bundesratsprotokolle und im Bundesrat umstrittene Anträge zu hängigen Geschäften) zu limitieren. Die Vertreter der kleinen Fraktionen und der SP kämpften vergeblich für eine Vergrösserung der Delegation von sechs auf acht oder neun Mitglieder, damit in ihr alle Fraktionen vertreten sein können
[41].
In der
Differenzbereinigung beschloss der Ständerat, die vom Nationalrat verabschiedete Kompètenzerweiterung der GKP von der Frage der Schaffung einer Geschäftsprüfungsdelegation abzutrennen, damit letztere zügig zu Ende beraten werden kann. Der Nationalrat schloss sich diesem Vorgehen an. Bei den Kompetenzen der Delegation setzte sich die vom Nationalrat vorgenommene Erweiterung durch, dass nicht nur Beamte des Bundes, sondern auch Privatpersonen als Zeugen einvernommen werden können
[42].
[39] BBl, 1991, I, S. 1467 ff. Zu den GPK-Vorschlägen siehe SPJ 1990, S. 41. Siehe allgemein dazu auch Lit. Mastronardi.
[40] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 458 ff.
[41] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1542 ff.
[42] Amtl. Bull. StR, 1991, S. 786 ff. und 891 f.; Amtl. Bull. NR, 1991, S. 1827 ff., 2120 ff., 2383 und 2529; BBl, 1991, IV, S. 1097 f.
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