Année politique Suisse 1991 : Wirtschaft / Allgemeine Wirtschaftspolitik / Wettbewerbspolitik
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Konsumentenschutz
Der Nationalrat überwies die im Vorjahr von der kleinen Kammer gutgeheissene Motion Affolter (fdp, SO) für die gesetzliche Erfassung des Kleinkreditwesens. Dieses neue Gesetz soll vor allem die Bekämpfung von Missbräuchen zum Ziel haben. Gleichzeitig lehnte er eine parlamentarische Initiative Oehler (cvp, SG) ab, welche das Parlament hatte beauftragen wollen, in eigener Regie ein entsprechendes Gesetz auszuarbeiten [25].
Der Nationalrat befasste sich mit der 1988 eingereichten parlamentarischen Initiative Neukomm (sp, BE) für die Schaffung eines eigentlichen Touristenrechts. Dieses soll das Betreiben von Reisebüros gesetzlich regeln und die Rechtsstellung der Touristen als Vertragspartner verbessern. Im Juni 1990 hatte die EG eine neue Richtlinie über Pauschalreisen verabschiedet, welche von den EG-Staaten bis Ende 1992 ins nationale Recht zu integrieren ist, und die als Teil der flankierenden Massnahmen im Bereich Konsumentenschutz auch im EWR sofort Gültigkeit haben wird. Der Schweizerische Reisebüro-Verband, dem zwar nur ein Drittel der Reiseveranstalter angeschlossen sind, der aber rund 80% des Branchenumsatzes erzielt, hatte sich bereit erklärt, diese Richtlinie freiwillig einzuführen. Trotz dieser neuen Situation übernahm der Rat die Argumentation der Kommissionsmehrheit aus dem Jahre 1988. Er überwies ein Kommissionspostulat, das den Bundesrat auffordert, die Rechtsentwicklung in der EG zu verfolgen und gegebenenfalls Antrag auf eine Angleichung schweizerischer Vorschriften vorzuschlagen. Die parlamentarische Initiative Neukomm und eine ähnliche Motion der Kommissionsminderheit für einen verbindlichen Auftrag zur Anpassung lehnte er diskussionslos ab [26].
Seit 1985 besteht im Rahmen der EG eine Richtlinie über eine einheitliche Produktehaftpflicht. Diese schreibt vor, dass ein Produzent auch dann für Schäden, welche Konsumenten durch ein fehlerhaftes Produkt erleiden, haftet, wenn ihn kein Verschulden trifft. Der Nationalrat überwies auf Antrag seiner vorberatenden Kommission eine aus dem Jahre 1989 stammende parlamentarische Initiative Neukomm (sp, BE) für die Einführung einer verschuldensunabhängigen . Produktehaftung. Zwar hatte der Bundesrat bereits 1988 eine Expertenkommission für die Totalrevision des Haftpflichtrechts eingesetzt; diese konnte aber ihre Studien noch nicht abschliessen. Nach Ansicht der Nationalratskommission ist die Einführung einer Produktehaftpflicht jedoch derart dringlich, dass sie, wenn möglich in enger Zusammenarbeit mit der Verwaltung, prioritär behandelt werden soll. Gegen Jahresende setzte das EJPD eine Expertenkommission ein, welche Vorschläge für die Ausgestaltung dieser neuen Haftpflichtregel erarbeiten soll [27].
 
[25] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 727 ff.; Presse vom 10.10.91. Vgl. SPJ 1990, S. 103. Vgl. auch BaZ, 14.6.91. Zum Thema Drogensucht und Kleinkreditwesen siehe auch Ww, 25.4.91.
[26] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 236 ff. Siehe SPJ 1988, S. 95.
[27] Parl. Initiative: Amtl. Bu!!. NR, 1991, S. 367 ff.; BaZ, 12.3.91; SPJ 1989, S. 97. Experten: NZZ, 20.11.91.