Année politique Suisse 1991 : Sozialpolitik / Gesundheit, Sozialhilfe, Sport / Suchtmittel
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Tabak und Alkohol
Der Bundesrat will den "Zwillingsinitativen" zur Verminderung der Alkohol- und Tabakprobleme mit einem indirekten Gegenvorschlag auf Gesetzesebene entgegentreten und gab seinen Entwurf für eine Verschärfung der Werbeeinschränkungen für Tabakwaren und alkoholische Getränke im künftigen Lebensmittelgesetz und im Alkoholgesetz in die Vernehmlassung. Wegen der erwiesenermassen gesundheitsschädlichen Wirkung von Raucherwaren schlug er ein totales Werbeverbot für dieses Produkt in den inländischen Printmedien, auf Plakatwänden und in den Kinos vor. Aus Gründen der Machbarkeit – und weil ohnehin schon viele EG-Staaten ein generelles Verbot der Tabakwerbung kennen oder vorbereiten – verzichtete er auf eine Ausdehnung des Geltungsbereichs auf ausländische Medien. Die sachbezogene Information über Raucherwaren und alkoholische Getränke in den Verkaufsstellen soll weiterhin erlaubt sein. Da Alkohol nur im Abusus gesundheitsschädigend ist, kann nach Auffassung des Bundesrates die rein beschreibende Alkoholwerbung in den Printmedien beibehalten werden, nicht aber die allein zum Konsum animierende Reklame in den Kinos oder auf Plakaten [50].
In der Vernehmlassung stiessen die bundesrätlichen Vorschläge auf viel Kritik. Die bürgerlichen Parteien, die Arbeitgeberorganisationen, der Gewerbeverband, die betroffene Tabak- und Alkoholindustrie, die von der Werbung profitierenden Medien, Agenturen und Kinos, aber auch Sportverbände und kulturelle Organisationen, welche weitgehend vom Sponsoring leben, lehnten die bundesrätlichen Vorschläge zum Teil ganz vehement ab. Unterstützung fand der Bundesrat hingegen bei der SP, den Grünen, den Gewerkschaften sowie den Organisationen für Gesundheit und Konsumentenschutz. Dem Initiativkomitee ging der Gegenvorschlag hingegen zu wenig weit, weshalb es beschloss, sein Begehren nicht zurückzuziehen [51].
Der Nationalrat überwies ein Postulat Zwygart (evp, BE) mit dem Ziel eines vermehrten Schutzes der Jugend vor Tabakmissbrauch. Der Postulant regte insbesondere ein Verbot des Verkaufs von Tabakwaren und der Verteilung von Gratismustern an Jugendliche sowie Massnahmen gegen die unkontrollierte Abgabe von Tabakwaren an Automaten an [52].
Bund, Kantone und private Organisationen schlossen sich zu einer Pressekampagne zusammen, mit welcher Jugendliche über die Gefahren von Alkohol und Nikotin aufgeklärt werden sollten. Als erste Aktion wurde landesweit ein Jugendmagazin verteilt, welches zur Lektüre und Diskussion über Tabak und Alkohol anregen und den gesunden Lebensstil des Nicht-Rauchens propagieren will [53].
Aufgrund der hohen Anzahl von Verkehrsunfällen unter Alkoholeinfluss reichte Ständerätin Weber (ldu, ZH) eine Motion ein, mit welcher der Bundesrat beauftragt werden soll, die Blutalkoholgrenze für die Beurteilung des Fahrens in angetrunkenem Zustand von 0,8 auf 0,5 Promille zu senken [54].
 
[50] Bulletin des BAG, 1991, S. 376 und 394; Presse vom 18.6.91. Zu den "Zwillingsinitiativen" siehe SPJ 1990, S. 212 f.
[51] SHZ, 31.7.und 8.8.91; 24 Heures, 10.9.91; Presse vom 12.9.91;NQ, 1.10. und 15.11.91; NZZ, 3.10., 11.10. und 19.12.91; AT, 23.11.91; BZ, 5.12.91; Presse vom 23.1.92.
[52] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 766 f.
[53] Bulletin des BAG, S. 287; Presse vom 8.5.91. Siehe dazu auch die Ausführungen Cottis (Amtl. Bull. NR, 1991, S. 988 f.).
[54] Verhandl. B.vers., 1991, S. 151.