Année politique Suisse 1991 : Bildung, Kultur und Medien / Kultur, Sprache, Kirchen / Das Verhältnis zwischen den Sprachgruppen
print
Französisch
Der Umstand, dass Bundesrat Felber die Schweizer Delegation am vierten Frankophonie-Gipfel in Paris anführte, zeigte, dass sich das Misstrauen der Regierung gegen diese von Staatspräsident Mitterrand ins Leben gerufene Initiative weitgehend gelegt hat. Getreu ihrer bisherigen Linie verlangte die Schweiz aber klarere Grundsätze für die Definition der frankophonen Länder und wünschte eine Begrenzung auf den linguistischen Auftrag. Auch zeigte sie sich wenig erfreut über den Entscheid des Gipfels, die Institutionalisierung der Frankophonie, die sie der politischen Implikationen wegen möglichst gering halten möchte, durch ein permanentes Komitee und eine Ministerkonferenz verstärken zu wollen [34].
Die Annahme des neuen Sprachenartikels in der Freiburger Staatsverfassung, mit dem das Deutsche dem Französischen gleichgestellt wird, hat nicht zum Sprachfrieden geführt, ganz im Gegenteil. Besonders im Saane-Bezirk mit seinen vielen gemischtsprachigen Gemeinden war die Anwendung des seit dem Vorjahr in der Verfassung festgeschriebenen Territorialitätsprinzips Anlass für mehrere Beschwerden und parlamentarische Vorstösse mit dem Ziel, entweder auf gesetzlichem Weg die Gemeinden linguistisch klar zu definieren oder doch noch gemischtsprachige Gebiete einzuführen. Mit dem Entscheid der Kantonsregierung, im Fall der Freiburger Vorortsgemeinde Marly das Prinzip der Gemeindehoheit über jenes der Territorialität zu stellen und den Schulbesuch der deutschsprachigen Kinder weiterhin in Freiburg zu gestatten, wurde die Kontroverse kurz vor Jahresende erneut angeheizt. Die ursprünglichen Beschwerdeführer beschlossen, diesen staatsrätlichen Entscheid beim Bundesgericht anzufechten [35].
 
[34] JdG, 14.11.91; Presse vom 19.11. bis 22.11.91.
[35] Lib., 11.6., 13.6. und 12.7.91; Suisse, 28.6.91; SN, 30.8.91; LNN, 13.1 1.91; NQ und Suisse, 19.12.91; Bund, 13.I.92.