Année politique Suisse 1991 : Bildung, Kultur und Medien / Medien / Radio und Fernsehen
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SRG
Gemäss den Ergebnissen der Studien des SRG-Forschungsdienstes ging in der deutschen Schweiz der Marktanteil des Fernsehens DRS von 36% auf 32% zurück; profitieren konnten vor allem die deutschen Privatsender Sat 1 und RTL plus. In der Westschweiz konnte die TSR hingegen ihren Marktanteil von 32% gegen die ausländische Konkurrenz verteidigen und im Tessin verbesserte sich die TSI sogar leicht und kam auf 26%. Beim Radio verloren die drei Senderketten von DRS weitere Höreranteile, jedoch vor allem zugunsten der Schweizer Lokalradios. DRS 1 büsste gegenüber 1988/89 4% ein; noch 45% der Bevölkerung hörten täglich mindestens während einer Viertelstunde die erste Senderkette an; DRS 2 erreichte 2% und DRS 3 konnte seine Position mit 11% knapp halten. Beim welschen Radio erreichte die erste Senderkette 360% gefolgt von Couleur 3 mit 6% und Espace 2 mit 2% [25].
Nach der Programmreform 90/91 und der gleichzeitig eingeleiteten Strukturreform "SRG 95" des Schweizer Fernsehens arbeitete der Zentralvorstand der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft (SRG) einen Bericht zuhanden des EVED aus, worin er Ziele und Mittel ihrer Organisationsreform darlegte. Einerseits sollte die Radio- und Fernsehgesellschaft zu einem Unternehmen werden, das ähnlich wie ein privater Grossbetrieb organisiert ist, juristisch aber die Form eines Vereins beibehält. Dabei ist vorgesehen, durch eine Entflechtung von Aufgaben und Verantwortlichkeiten, durch Straffung von Entscheidungsabläufen und die Verkleinerung von Gremien die bisherige Schwerfälligkeit der Anstalt zu überwinden. Dezentralisierung und Regionalisierung der Programmverantwortung und -produktion sollen andererseits mehr Flexibilität bewirken. Durch eine Totalrevision der Statuten des Vereins SRG sollte eine klare Trennung zwischen Publikumsgremien, eigenständigen Unternehmenseinheiten und Management erreicht werden. In bezug auf die Trägerschaft stimmten die Delegierten der SRG den Vorschlägen des Vorstandes zu. Oberstes Organ der SRG wird damit anstelle der Delegiertenversammlung ein 21köpfiger Zentralrat. Kritiker der Reformen fanden sich in allen politischen Lagern. Den einen waren die veränderten Strukturen noch zu wenig unternehmerisch, andere beklagten die fortschreitende Privatisierung, zu wenig Mitbestimmung und mangelnde Basisdemokratie [26].
Dem im neuen Radio- und Fernsehgesetz verankerten Recht auf Sponsoring von Sendungen griffen Radio und Fernsehen DRS im Berichtsjahr vor, als sie zwei Firmen erlaubten, Konzertübertragungen zu sponsern. Das EVED beurteilte in einem Aufsichtsverfahren das Sponsoring bei Radio DRS als Konzessionsverletzung [27].
Nachdem der Bundesrat 1989 mit neun andern Mitgliedstaaten des Europarates das Europäische Übereinkommen über das grenzüberschreitende Fernsehen unterzeichnet hatte und im Herbst 1990 die entsprechende Botschaft und der Beschlussentwurf ans Parlament gingen, beschlossen beide Räte im Berichtsjahr einstimmig die Annahme des Übereinkommens. Dieses legt Minimalregeln fest in den Bereichen der Individualrechte (Recht auf Gegendarstellung), der Verantwortung der Rundfunkveranstalter hinsichtlich Gewalt, Pornographie, Jugendschutz und Rassismus, der kulturellen Ziele und der Werbung resp. des Sponsorings. Gleichzeitig wurde auch eine Anpassung des Bundesbeschlusses über das Satellitenfernsehen hinsichtlich der Werbung und des Sponsorings einstimmig vorgenommen. Das Übereinkommen wurde an der dritten Konferenz der europäischen Medienminister in Zypern ratifiziert [28].
Die Sparmassnahmen bei Radio DRS haben sich im Berichtsjahr vor allem in der Verringerung von Eigenproduktionen ausgewirkt, was den sogenannten Fünferclub — ein Zusammenschluss von fünf Künstler-Organisationen — unter anderem veranlasste, beim Bundesamt für Kultur eine von 34 000 Personen unterzeichnete Petition mit dem Titel "SOS SRG — Rettet die Kultur am Radio" einzureichen. Die Petition forderte die SRG auf, die Sparmassnahmen nicht mehr weiter auf Kosten des Kulturauftrages durchzusetzen. Im Berichtsjahr mussten DRS 1 und DRS 2 über 2 Mio Fr. einsparen, für 1992 wurden 3,8 Mio Fr. gestrichen, wovon DRS 2 den grösseren Teil (2,2 Mio) übernehmen muss. Hörspiele und aufwendig produzierte Wortbeiträge werden künftig seltener zu hören sein; ebenso muss das Radiosinfonieorchester mit geringerer Unterstützung auskommen. Programmschaffende von DRS 2 wandten sich deshalb an die Öffentlichkeit und riefen Kulturinteressierte auf, dem neu gegründeten "DRS 2 Kultur-Club" beizutreten [29].
 
[25] Presse vom 4.5.91. Vgl. auch Lit. Hättenschwiler.
[26] Presse vom 25.5.91; NZZ, 6.6.91; SRG-Information, 20.6. und 7.10.91; wf-Pressedienst, 30.9.91.
[27] BaZ, 4.1.91; SGT, 5.1.91; TA und Bund, 18.1.91; NZZ, 22.3.91 (EVED). Vgl. auch SHZ, 24.1.91 ; Die Werbe Woche, 4.2.91.
[28] Amtl. Bull. NR, 1991, S. 334 f. und 1409; Amtl. Bull. StR, 1991, S. 429 f. und 605; BBl, 1991, II, S. 1559 ff.; SN, 10.10.91; NZZ, 11.10.91 (Ratifizierung). Vgl. SPJ 1989, S. 254 und 1990, S. 278.
[29] SGT, 28.6.91; Presse vom 24.9.91; NZZ, 8.11.91 (Sparmassnahmen); TA und Vat., 10.9.91 (Petition); TA, 18.2.91 und BZ, 24.7.91 (Kultur-Club).