Année politique Suisse 1992 : Grundlagen der Staatsordnung / Politische Grundfragen und Nationalbewusstsein / Totalrevision von Verfassungen
Der
freiburgische Grosse Rat hiess eine Motion für die Totalrevision der aus dem Jahre 1857 stammenden Kantonsverfassung gut. Der Regierungsrat wurde angehalten, binnen eines Jahres einen Bericht zuhanden des Parlamentes zu erarbeiten
[26].
Im Kanton
Luzern begrüssten in einer Vernehmlassung alle im Grossen Rat vertretenen Parteien eine Totalrevision der Staatsverfassung sowie die Schaffung eines Verfassungsrats. Allerdings war die vom Justizdepartement vorgeschlagene Quote von mindestens einem Drittel Anteil Frauen resp. Männern bei der Zusammensetzung der Verfassungskommission bei den Parteien umstritten. Während die CVP und die Freisinnigen (LPL) praktische und politische Bedenken äusserten, forderten die SP und das Grüne Bündnis eine Quote von 50%. Uneinigkeit bestand auch über die Anzahl Mitglieder, welche der Verfassungsrat umfassen soll. Parallel zur Totalrevision soll auch eine Teilrevision der bestehenden Verfassung als Überbrückungsmassnahme angegangen werden. Die Modalitäten bezüglich der Zusammensetzung dieses zweiten Verfassungsrats, insbesondere die Einführung von Regionalquoten, waren ebenfalls umstritten. Parteiinterne Arbeitsgruppen der CVP und der LPL begannen schon mit der Formulierung von Vorprojekten
[27].
Gegen den Willen der Regierung hat der Kantonsrat des Kantons
Zürich eine Motion eines christlichdemokratischen Vertreters überwiesen, wonach das Volk bis zum Jahr 2000 über eine neue Kantonsverfassung abstimmen soll. Die Regierungsmehrheit wollte aus Gründen einer fehlenden Aufbruchstimmung in der Bevölkerung vorerst auf eine Totalrevision verzichten. Bürgerliche Parlamentarier mochten sich jedoch zum Teil nicht gegen die Motion aussprechen und enthielten sich der Stimme, womit sie dem links-grünen Spektrum und den Parteien der Mitte zum Durchbruch verhalfen
[28].
Die Verfassungskommission von
Appenzell Ausserrhoden hat freie Hand beim weiteren Vorgehen bezüglich der Ausarbeitung von Verfassungsentwürfen erhalten. Weder über die Beibehaltung der Landsgemeinde noch über den Zeitpunkt der Vernehmlassung wollte der Kantonsrat einen Vorentscheid fällen
[29].
Im Kanton
Graubünden begann im Auftrag des Justizdepartements eine Expertenkommission, ein Gutachten über die Revisionsbedürftigkeit der Verfassung zu erstellen
[30].
Die
St. Galler Regierung entschied sich im Berichtsjahr, dem Grossen Rat anstelle eines Antrages auf Totalrevision vorerst einen Entwurf zu zwei umfassenden Teilrevisionen der Verfassung zu unterbreiten, welche die Gliederung des Kantons sowie das Verhältnis von Kanton und Gemeinden betreffen. Den Bericht über Notwendigkeit und Wünschbarkeit einer Totalrevision will er erst in der zweiten Hälfte 1993 dem Grossen Rat unterbreiten
[31].
[27] LZ, 23.1., 3.6., 22.9. und 20.11.92; siehe auch SPJ 1990, S. 18 und 1991, S. 20.
[28] NZZ, 6.3.92; TA und DAZ, 19.5.92.
[29] NZZ, 18.3.92. Zur Kommissionsarbeit siehe SGT, 19.5., 23.6., 26.8. und 2I.10.92. Vgl. auch SPJ 1991, S. 20.
[30] BüZ, 17.1. und 20.5.92; vgl. auch SPJ 1990, S. 17 f.
[31] SGT, 10.12.92; vgl. auch SPJ 1990, S. 17.
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