Année politique Suisse 1992 : Grundlagen der Staatsordnung / Rechtsordnung / Grundrechte
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Rassismus
Der Bundesrat beantragte dem Parlament den Beitritt zum Internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung. Um der von dieser Übereinkunft verlangten Bestrafung von rassistischen Handlungen zu genügen, schlug er auch eine Ergänzung des Strafgesetzbuchs vor. Damit sollen rassistische Propaganda, öffentliche Aufrufe zu Hass und Diskriminierung sowie rassistisch motivierte Angriffe auf die Menschenwürde bestraft werden. Untersagt wird im weiteren die Verweigerung öffentlich angebotener Leistungen (d.h. insbesondere die Benutzung von Verkehrsmitteln resp. der Besuch von Gaststätten, Hotels oder Veranstaltungen) aus rassistischen Gründen [1]. Protest gegen das Projekt, das in der Vernehmlassung noch recht umstritten gewesen war, kam insbesondere von der "Nationalen Koordination", einer Vereinigung von 17 rechtsextremen Gruppierungen [2].
Der Nationalrat stimmte in der Dezembersession sowohl dem Beitritt zum Rassendiskrimierungsabkommen als auch der zugehörigen Revision des Strafrechts mit deutlicher Mehrheit zu. Vergeblich hatten die Fraktionen der AP und der SD/Lega die Vorlage als unzulässiges Zensurinstrument bekämpft und Rückweisung beantragt. In der Debatte wurde konkretisiert, dass das Diskriminierungsverbot für öffentlich angebotene Leistungen auf den Abschluss von Anstellungs- und Mietverträgen keine Anwendung finden soll. Als Ergänzung beschloss der Nationalrat die Schaffung einer Ombudsstelle gegen Rassismus und regte beim Bundesrat die Schaffung einer Kommission gegen Rassismus an [3].
 
[1] BBl, 1992, Ill, S. 269 ff.; Presse vom 3.3.92. Vgl. SPJ 1991, S. 24. Siehe auch Widerspruch, 1992, Heft 21 (2. Auflage); TA, 16.12.92 sowie die juristische Kritik an der Unschärfe der vorgeschlagenen Bestimmungen in NZZ, 30.3.92 und Lit. Kunz. Allgemein zur Menschenrechtspolitik siehe unten, Teil I, 2 (Droits de l'homme).
[2] NZZ, 9.3.92.
[3] Amtl. Bull. NR, 1992, S. 2650 ff., 2673 (Kommission) und 2676 ff. (Ombudsstelle); Presse vom 18.12.92.